Wie Axel Springer via KI die Gesellschaft destabilisiert

Bisher verbreiteten "Bild"-Redakteure Falschmeldungen – nun auch die Künstliche Intelligenz  aus dem Hause Axel Springer. Der Beitrag Wie Axel Springer via KI die Gesellschaft destabilisiert erschien zuerst auf Indiskretion Ehrensache.

Jan 26, 2025 - 14:36
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Wie Axel Springer via KI die Gesellschaft destabilisiert

Derzeit brüsten sich viele Verlage damit, nun auch Künstliche Intelligenz einzusetzen. Ich halte das für einen strategischen Fehler. Also, nicht den Einsatz, man sollte alles auf Testebene mal ausprobieren – aber das marktschreierische Herausposaunen.

Klar, viele Unternehmen tun das derzeit um sich das Image der Technologieführerschaft zu geben. Verlage sind aber keine normalen Unternehmen. Die Verfassung gesteht ihnen eine Sonderstellung zu, was bedeutet, dass sie auch besondere Pflicht empfinden sollten.

Hinzu kommt: Das Vertrauen der Menschen in Künstliche Intelligenz sinkt.

2020 ergab eine Studie noch dies hier:

Sieht gar nicht so schlimm aus, oder?

Doch vor vier Jahren war Künstliche Intelligenz noch etwas sehr Schwammiges, obwohl praktisch jeder sie bereits in Gestalt von Navigationsdiensten, Videospielen oder Facebook-Algorithmus einsetzte. ChatGPT und die Welle von Generativen KI-Diensten begann erst im November 2022 zu rollen.

Neuere Studien wie diese von Forsa zeigen ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber KI-Einsatz. Eine Umfrage von eco ergab, dass rund zwei Drittel der Menschen ihre Daten nicht für ein Training von KI-Modellen bereitstellen möchten. Bei einer Umfrage im Auftrag von NextMedia Hamburg sagten 82,8 Prozent der Befragten, dass sie gegenüber KI-generierten Inhalten wenig oder gar kein Vertrauen empfänden.

Und nun sollen die Menschen im Medienbereich, bei dem Genauigkeit und Korrektheit eine besonders hohe Bedeutung besitzen, KI toll finden? Ich habe da Zweifel.

Erst recht, weil zahlreiche Medienverantwortliche Wissensdefizite bei der Funktionsweise Generativer KI – und um sie geht es zuvorderst – demonstrieren. Das beginnt bei Mathias Döpfner, der zu Beginn des ChatGPT-Hypes ein wirres und nicht von Fachkenntnis getragenes Essay veröffentlichte, und endet bei jenem für KI verantwortlichen Redaktionsmitglied eines großen Hauses, das jüngst auf LinkedIn die Idee, eine GenAI für Faktenchecks einzusetzen unbedenklich fand.

Genenerative KI-Systeme aber wissen nicht, was richtig oder falsch ist, sie schätzen nur semantische (oder optische und akustische) Wahrscheinlichkeiten. Noch dazu ist in ihnen ein Faktor eingebaut, der zu einem gewissen Prozentsatz immer andere Ergebnisse auswirft – deshalb wirken sie kreativ, sind aber fehlerbehaftet. Und, ja, das gilt für alle GenAI-Systeme. Weshalb es ein extrem frühes Denkstadium gibt, um die komplette Architektur in diesem Feld neu aufzusetzen.

Es ist also vollkommen OK für Medienhäuser, KI-Experimente einzugehen – aber eben Experimente. Und aus Imagegründen würde ich raten, diese nicht öffentlich zu machen. Man möchte in einem gehobenen Restaurant ja auch nicht erfahren, dass der Koch Supermarktware verwendet.

Womit wir beim Axel Springer-Verlag wären. Der setzt KI schon seit einiger Zeit ein. Bisher ruinierte das einfach nur das ohnehin schon zerfledderte Image seiner Produkte. Zum Beispiel zahlte er zumindest einige Zeit lang Geld an das Berliner Unternehmen Retresco, das sich wie ein Gorilla auf die Brust trommelt und damit wirbt: „Unleash the power of AI for your business“.

Für die Welt erfand (ob das System noch im Einsatz ist, kann ich nicht sagen) Fußball-Spielberichte aus Daten. Im September 2023 schrieb ich dazu:

„Am 22. April berichtete das Redaktionspaar, über die Fußball-Partie Preußen Münster gegen die U23 von Fortuna Düsseldorf. Vollkommen korrekt heißt es unter der Marke der „Welt“ unter anderem:

„Münster löste die Pflichtaufgabe mit Bravour. Das Hinspiel war mit einer herben 1:6-Abreibung aus Sicht von Düsseldorf zu Ende gegangen.

Noch bevor es in die Halbzeit ging, war Simon Scherder mit dem 1:0 für den SCP zur Stelle (41.)…

Als Referee Martin Ulankiewicz die Partie abpfiff, reklamierte der SC Preußen Münster schließlich einen 2:0-Heimsieg für sich.“

Inhaltlich ist nichts daran falsch, alles aber natürlich geschrieben wie von einem freien Mitarbeiter, dessen Alter die 70 überschritten hat.

Ich war bei diesem Spiel zugegen und nach dem Abpfiff sah es auf dem Platz so aus:

Der SC Preußen machte mit dem Abpfiff nämlich den Aufstieg in die 3. Liga klar. Das aber war ein ungewöhnliches Ereignis, das nicht in den Standarddaten auftauchte. „Welt“-Leser erfuhren davon nichts.

Das ist natürlich ein irgendwie lustiges Beispiel, aber eben auch mehr als ein Jahr alt.

Inzwischen ist man bei Axel Springer weiter. Nun tut die KI das, was bisher Aufgabe von Redakteur*innen war: Geschehnisse so verdrehen, dass in der Bevölkerung ein Gefühl der Angst und Verunsicherung entsteht und die Gesellschaft destabilisiert wird. Die Deutschen sollen das Gefühl haben, hinter jeder Ecke warte ein Messermörder, ein Kleinkindervergewaltiger oder ein Bombenleger.

Diese Dauerangst wäre ganz im Sinne von Axel Cäsar Springer, einem religiösen Fundamentalisten und ausgewiesenen Verschwörungstheoretiker, seiner Witwe Friede und natürlich seiner Reinkarnation Mathias Döpfner.

Natürlich möchte ich nur zur Sicherheit und zum xten Mal betonen, dass weder „Bild“ noch „Welt“, Gabor Steingarts Schaluppe, Business Outsider oder irgendein anderes Produkt aus dem Konzern Axel Springer einen journalistischen Ansatz verfolgt. 

Bei „Bild“ wird Generative KI nun eingesetzt, um Meldungen zu verfassen. Dies ist mir am Wochenende ins Auge gefallen, als bei meinen Google-Alerts bezüglich des großartigsten Fußballvereins der Republik, dieser SEO-Text auftauchte:

Ein massiver Polizeieinsatz beim Zweitliga-Spiel HSV – Preußen Münster? Ich war überrascht. Denn… auch bei diesem Spiel war ich dabei.

Es war ein großartiges und für Münsteraner hoch emotionales Spiel – aber eben auch ein komplett friedliches. Der Preußen-Anhang war trotz der 1:4-Niederlage euphorisiert ob der Tatsache, dass man nach Jahren in Rödinghausen und Lotte nun im ausverkauften Volksparkstadion auflaufen darf.

Der Support war fantastisch, sowohl im Stadion wie in Fanforen bezeugen HSVer ihren Respekt angesichts der Lautstärke der angereisten Westfalen, letzte Schätzungen liegen bei 8.000 Gästefans. Aggression? Null. Schon lange habe ich nicht mehr so wenig Polizeipräsenz bei einem Spiel erlebt wie in Hamburg.

Aber natürlich: Trotzdem kann es irgendwo zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sein.

Was also weiß die „Bild“?

Bitte beachten Sie die Anzeige, die bei „Bild“ mit „5 Fakten“ wirbt – auch ich habe herzlich gelacht. Aber zurück zum Wesentlichen. 

Massiver Polizeieinsatz mit 150 Beamten?

Ähm… Nein?

Seit der Debatte um die Kostenübernahme von Vereinen für Polizeieinsätze haben wir ja belastbare Zahlen. Bei einem normalen Bundesligaspiel werden 250 bis 350 Männer und Frauen eingesetzt, bei einem Risikospiel bis zu 1.000.

Hier reden wir von einem ausverkauften Volkspark und 8.000 Gästefans, was bedeutet, dass rund 2.000 von ihnen auf „Heimplätzen“ saßen. Eigentlich wäre der Nachrichtenwert also: „Friedliches Fußballfest entlastet Hamburger Polizei“. Aber das wäre nicht im Sinn von Axel Cäsar.

Trotzdem: Was ist denn nun eigentlich passiert? Lesen wir weiter…

Der Bahnhof Dammtor war zwar auch rappelvoll, existiert aber für die KI anscheinend nicht.

Ansonsten aber: keine besonderen Vorkommnisse. Und weil die KI keine Ahnung hat, was ein Fußballspiel ist, jongliert sie mit Zahlen ohne jeden Kontext.

ABER WAS ZUR HÖLLE IST DENN NUN PASSIERT???

Das ist natürlich „massiv“. Eine Person, die auf dem Polizeirevier landete, eine zweite, die nach Hause gehen durfte.

Und das – war’s.

Sage nicht nur ich, sondern auch die Polizei. Denn die Originalmeldung ist erhältlich und nirgends ist von einem massiven Polizeieinsatz die Rede. Einmal, allerdings, taucht das Wort massiv auf – nämlich bei der Gegenwehr jener Einzelperson. Es reicht also ein Wort, um die „Bild“-Hysteriemaschine anlaufen zu lassen.

Eigentlich wären die Geschehnisse nicht mal das Veröffentlichen der Polizeimeldung wert. Das kann aber der „Bild“ nicht gefallen, deren Ziel nun mal eine unfriedliche Gesellschaft ist. Andererseits erweitert halt die Werbefläche, auf der fragwürdige China-Unternehmen für ihre Leistungen werben dürfen. Früher wären hier Praktikant*innen zum Einsatz gekommen, heute halt eine KI.

Diese KI ist offensichtlich darauf trainiert, den gleichen Sound auszuspucken, wie menschliche Mitarbeiter*Innen. Auch sie will nicht informieren, sie kann es auch gar nicht, weil sie nicht weiß, was eine Information ist. Ihr Zweck ist aber analog zur Homo Springerus-Version: Menschen sollen mit negativen Emotionen befüllt werden, damit sie sich gegenseitig fürchten und an die Gurgel gehen.

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren ganz viel gehört zu Fake News und Fake Medien. Mir persönlich macht eine KI, die in der Lage ist, reale Geschehnisse derart zu verdrehen mehr Angst, als eine, die etwas erfindet.

Weshalb es dabei bleibt: Die größte Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie heißt nicht AFD, sondern Friede Springer und Mathias Döpfner und all ihre Vasallen.

Nachtrag:

Auf LinkedIn hat sich „Bild“-Chefredakteurin Marion Horn in meinen Kommentaren gemeldet. Sie bestätigt dabei, dass alle Vorurteile, die man gegen Menschen hat, die bei Axel Springer arbeiten eines nicht sind: Vorurteile.

Erst wirft sie mir persönliche Motive vor, dann behauptet sie, die OTS-Meldung spreche von einem massiven Polizeieinsatz. Ersteres ist Blödsinn, denn bei Preußen sind wir derzeit alle glücklich berauscht.  Dann sieht sie den Text, der sie selbst gar nicht erwähnt, sei ein Angriff auf sie persönlich – aber vielleicht  sieht sie sich in einer Variant des Sonnenköniginnentums als Personifzierung der Marke.

Vor allem aber behauptet Sie, die OTS-Meldung spreche von einem massiven Polizeieinsatz. Und das ist nun mal faktisch Falsch.

Der Beitrag Wie Axel Springer via KI die Gesellschaft destabilisiert erschien zuerst auf Indiskretion Ehrensache.