Wahlkampf 2025: Das Merzteam in der sunk cost fallacy [Gesundheits-Check]
Vor ein paar Tagen hatte Friedrich Merz in Trumpscher Diktion angekündigt, “am ersten Tag seiner Regierung” die Grenzen dicht zu machen. Das sollte ein starkes Zeichen sein, dass er in Migrationsfragen entschieden handeln will und das hätte er mit seinem rechtlich umstrittenen 5-Punkte-Plan auch machen können. Aber dieser Weg einer Absichtserklärung hat ihm nicht gereicht,…
Vor ein paar Tagen hatte Friedrich Merz in Trumpscher Diktion angekündigt, “am ersten Tag seiner Regierung” die Grenzen dicht zu machen. Das sollte ein starkes Zeichen sein, dass er in Migrationsfragen entschieden handeln will und das hätte er mit seinem rechtlich umstrittenen 5-Punkte-Plan auch machen können. Aber dieser Weg einer Absichtserklärung hat ihm nicht gereicht, er musste am Mittwoch unbedingt einen Antrag dazu im Bundestag abstimmen lassen, von den Rechtsfolgen her allerdings auch nur eine Absichtserklärung.
Er brach damit eine Absprache mit der Reste-Ampel, nur gemeinsam abgestimmte Vorhaben in den Bundestag einzubringen und er hat damit ungewollt die Verlässlichkeit seiner eigenen „Regierungserklärung“ infragegestellt, als könne man ihm nicht (zu)trauen, dass er nach der Wahl tut, was er gesagt hat. Inkaufnehmend, dass der Antrag nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen dürfte, hat er so sehenden Auges und ohne Not eine Situation heraufbeschworen, die man nur noch als Fiasko bezeichnen kann, mit Schockwellen tief auch in die CDU hinein.
In der Sendung „Maybrit Illner“ gestern war Carsten Linnemann auf mission impossible, die Sache schönzureden. Er konnte es nicht. Er wirkte gegenüber Habeck wie ein politischer Schulbub, immer wieder hilflos darauf insistierend, dass, was niemand infrage stellt, die jüngsten Anschläge schrecklich seien und Handlungsbedarf bestehe. Selbst bei Habecks Frage, ob ausgeschlossen sei, dass sich Merz mit den Stimmen der AfD zum Kanzler wählen lässt (falls dieser keine Koalitionsmehrheit zustande bringt), konnte Linnemann zunächst nicht klar und eindeutig antworten.
So sehr sich Linnemann bemüht hat: Unübersehbar hat sich die CDU in eine sunk cost fallacy manövriert. Sie sieht keinen Rückweg mehr und zerschlägt weiter Porzellan, auch um den Preis einer Spaltung – oder vielleicht am Ende auch einer Trumpisierung – der CDU.
Das lässt befürchten, falls es heute Nacht nicht doch noch zu einer Verständigung zwischen Union und Reste-Ampel kam, dass heute auch der Entwurf des „Zustrombegrenzungsgesetzes“ mit den Stimmen der AfD verabschiedet wird. Das Gesetz ist vom konkreten Regelungsinhalt her kein Teufelszeug, aber es enthält in seinem ersten Teil „A – Problem“ explizit ampelkritische Formulierungen und es ist von Merz so ultimativ zur Abstimmung gestellt worden – man kann sich nicht vorstellen, wie die Reste-Ampel da zustimmen kann.
Eine bei Grundsatzfragen zu großen Themen wie Migration, Rente oder Verteidigung wünschenswerte Verständigung der demokratischen Parteien ist damit nicht leichter geworden. Die AfD wird es freuen, unabhängig davon, ob Merz ein paar populistische Prozentpunkte an der Wahlurne einheimst oder nicht. Die Frage, kann so einer Kanzler, hat er mit seiner Sturheit jedenfalls in aller Schärfe gestellt.