Wann es ratsam ist, sich von Zielen zu verabschieden

Hältst du an Zielen fest, die dich bremsen? Im Interview verrät Change-Expertin Susanne Nickel, wann du besser loslassen solltest – und wie du eine Balance zwischen Festhalten und Aufbruch findest. The post Wann es ratsam ist, sich von Zielen zu verabschieden appeared first on impulse.

Jan 29, 2025 - 21:30
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Wann es ratsam ist, sich von Zielen zu verabschieden
impulse: Warum sind Ziele so wichtig? Susanne Nickel: Ziele – ob persönlich, im Team oder im Unternehmen – ermöglichen selbstbestimmtes Handeln. Sie sorgen für Orientierung, geben eine Marschrichtung vor und vermitteln Klarheit darüber, welche Schritte als Nächstes sinnvoll sind. Gerade in unsicheren Zeiten ist es wichtig, sich nicht vom Zufall treiben zu lassen, sondern einen eigenen Kompass zu haben. Welcher Zeitrahmen eignet sich, um realistische Ziele zu definieren? Früher haben sich Unternehmen gern Ziele für fünf bis zehn Jahre gesetzt. Aber heute sind Unternehmen mit immer mehr Veränderungen konfrontiert, zum Beispiel durch eine Krise wie die Corona-Pandemie. Da es auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ankommt, benötigen Unternehmen konkrete Ziele für ein oder zwei Jahre oder sogar noch kürzere Zeiträume. Wie erkennen Unternehmerinnen und Unternehmer, ob ein Ziel noch zur aktuellen Situation passt? Um immer wieder zu überprüfen, ob die gesteckten Ziele noch realistisch sind, sind Zwischenziele gut. Dafür gucke ich, wie ich ein Ziel erreichen kann, und zerlege es in kleinere Schritte. Wenn ich auf dem Weg merke, dass etwas nicht passt, kann ich nachjustieren. Dabei ist ganz wichtig, auch mal loszulassen und bei Bedarf zu entscheiden: Wenn das Pferd tot ist, steige ich ab. Woher weiß man, wann man aufgeben und wann durchhalten sollte? Diese Entscheidung ist oft alles andere als einfach. Das gelingt nur, wenn ich die Situation möglichst neutral beurteile. Um Betriebsblindheit aufzulösen, hilft ein Blick von außen: von anderen Unternehmern, Sparringspartnern, Coaches oder auch von Freunden und kompetenten Familienmitgliedern. Fällt es Menschen schwer, sich eine Sackgasse einzugestehen? Loszulassen ist oft schwierig, vor allem, wenn Führungskräfte ihre Identität stark über ein bestimmtes Ziel definieren. Ein bekanntes Beispiel ist Nokia: Als Marktführer im Mobilfunk verpassten sie den Smartphone-Boom und setzten zu lange auf klassische Handys. Ein großer Fehler. In nur wenigen Jahren verlor Nokia als viertwertvollste Marke der Welt so stark an Marktposition, dass sie schließlich die Handysparte verkaufen mussten. Ein extremes Beispiel – wie kann man sich davor schützen? Indem ich eine offene Haltung einnehme. Das Leben ist eine große Trainingseinheit: Wenn die Bahn zu spät kommt, kann ich in dieser Zeit über die Bahn schimpfen. Ich kann mir aber auch drei Dinge überlegen, die mich voranbringen: Kann ich mich auf ein Meeting vorbereiten? Kann ich netzwerken? Kann ich mich entspannen? Das heißt nicht, dass ich mich gar nicht mehr ärgere – ich sollte nur relativ schnell aus dem Tal der Tränen herauskommen. Übertragen auf das Unternehmen heißt das: Nicht in Ärger verharren, sondern fragen: „Was fällt uns ein, um die Situation zu meistern?“ So trainieren wir unsere Anpassungsfähigkeit. Und wie kann das Team für neue Ziele motiviert werden? Vermitteln Sie den Sinn dahinter. Stellen Sie eine inspirierende Geschichte in den Vordergrund – die Vision, die Sie gemeinsam erreichen wollen. Damit schaffen Sie ein positives Zielbild und eine emotionale Verbindung. Nach dem Motto: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann lehre die Menschen die Sehnsucht nach dem Meer. Aber es ist auch wichtig, Raum zu geben, um Sorgen oder Bedürfnisse zu teilen. Leidet nicht die Glaubwürdigkeit, wenn mehrfach die Richtung gewechselt wird? Ich muss authentisch sein und sagen: „Ich weiß, wir haben jetzt das dritte Ziel in Folge, wir haben wieder eine Veränderung – aber das ist leider notwendig.“ Was ich nicht machen darf, ist, so zu tun, als wäre das neue Ziel das bestmögliche, wenn das nicht der Fall ist. Ehrlichkeit und Transparenz schaffen Vertrauen, auch wenn häufiger nachjustiert wird. Was raten Sie Unternehmerinnen und Unternehmern, die nicht wissen, ob sie ein Ziel aufgeben oder weitermachen sollen? Da würde ich mir eine Checkliste mit fünf Punkten machen: 1. Dient dieses Ziel nach wie vor einem höheren Ziel, und ist allen das Zielbild klar? 2. Ist das Ziel wirtschaftlich noch sinnvoll? 3. Passt es noch zur unternehmerischen Ausrichtung? 4. Ist es menschlich und sozial vertretbar – auch für meine Mitarbeiter? 5. Setzen wir die richtigen Prioritäten und sind fokussiert auf unser Ziel? Wenn eines oder mehrere dieser Kriterien nicht mehr erfüllt sind, ist es möglicherweise an der Zeit, sich von dem alten Ziel zu verabschieden und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die Expertin: Susanne Nickel ist Veränderungsexpertin und Autorin des Buchs Ziele erreichen. Als Unternehmensberaterin begleitet sie Firmen durch Transformationsprozesse.

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