#UnplugTrump: Was dem Internet jetzt droht und was die Chance ist
Auftakt zu einer neuen Tipp-Serie auf Mastodon Viele von uns haben die letzten Tage und Wochen fassungslos auf die neue US-amerikanische Verbindung von rechtskonservativer Politik und opportunistischen IT-Milliardären geschaut. Die Mischung ist so gefährlich, dass Joe Biden die Amerikaner in seiner letzten Rede davor gewarnt hat: Heute nimmt in Amerika eine Oligarchie extremen Reichtums, extremer […]
Auftakt zu einer neuen Tipp-Serie auf Mastodon
Viele von uns haben die letzten Tage und Wochen fassungslos auf die neue US-amerikanische Verbindung von rechtskonservativer Politik und opportunistischen IT-Milliardären geschaut. Die Mischung ist so gefährlich, dass Joe Biden die Amerikaner in seiner letzten Rede davor gewarnt hat:
Heute nimmt in Amerika eine Oligarchie extremen Reichtums, extremer Macht und extremen Einflusses Gestalt an, die buchstäblich unsere gesamte Demokratie, unsere Grundrechte und Freiheiten und eine faire Chance für jeden, voranzukommen, bedroht.
Wie wird sich Trump nun auf das Digitalleben der Europäer’innen auswirken? Manches trifft uns nicht so hart wie die US-Bürger’innen, anderes härter. Denn auch wenn man zu Recht hoffen mag, dass einige der Oligarchenphantasien noch an Gerichten scheitern werden, so ist die Situation doch so ernst, dass es sich lohnt, die Gefahren zu studieren und überlegt einige Vorkehrungen zu treffen.
Vorsprung durch Datenschutz
Die Datenschutzszene hat beim Vermeiden von US-Diensten einen Vorsprung: Spätestens als Edward Snowden den NSA-Skandal aufdeckte, ging es nicht mehr nur darum, das Internet als Raum neuer Möglichkeiten zu entwerfen, sonder auch darum, ein selbstbestimmtes digitales Leben zu führen, das die Sicherheit und die Privatsphäre als Bestandteile der offenen Gesellschaft schützt. In vielen Fällen hieß das auch einfach nur: Weg von den amerikanischen Diensten. Unterstützt von Vereinen wie Digitalcourage oder dem Chaos Computer Club ist diese Szene bis heute sehr wertvoll und steht mit Tipps, alternativen Tools und Ratschlägen zur Seite. Auch für das Kuketz-Blog ist das Thema nicht neu.
Deutschland hat hier also gute Voraussetzungen, um zivilgesellschaftlich gut organisiert ein Internetleben ohne US-Tech-Oligarchen zu bestehen.
Was jetzt droht
Zum Auftakt einer Mastodon-Tipp-Serie mit dem Hashtag #UnplugTrump orakel ich mal so gut es geht in die Zukunft, was eigentlich den Internetnutzenden unter Trump droht. Natürlich ist das keine abschließende Liste:
Probleme aus und in der Wirtschaft
- Die Tech-Unternehmen aus den USA waren mit ihren disruptiven und oft illegalen Methoden bereits bisher eine Herausforderung für unsere Digitalwirtschaft. Das wird sich verstärken: Ich erwarte eine Beeinträchtigung des fairen Wettbewerbs unter anderem wegen einer geschwächten US-amerikanischen Kartellbehörde.
- Im schlechtesten Fall kann die Rücksichtslosigkeit auch auf europäische Unternehmen abfärben. Im besten Fall haben die europäischen Firmen neue Chancen, zum Beispiel weil sich Unternehmen und Verbraucher’innen in Europa von den USA abwenden.
- Ich rechne andererseits aber mit einer Schwächung der Verbraucher’innen-Position, wenn große europäische Unternehmen und Lobbyverbände Unterstützung durch die Politik einfordern. Das kann unter anderem auch zu einer Schwächung der Verbraucherrechte führen. Für den „Green Deal“ wird eine solche Abschwächung bereits von der EU bereits diskutiert.
- US-Cloud-Dienste könnten innerhalb der nächsten 45 Tage illegal werden, dann müssten alle europäischen Unternehmen ihre Nutzung sofort einstellen, befürchtet NOYB.
- Am häufigsten werden wir die Erpressung der europäischen Politik mit „Deals“ erleben. So werden mit der Androhung von Zöllen vielleicht auch die europäischen Kartell- und Datenschutzverfahren aufgeweicht.
- Zunahme der fast schon neokolonialen Abhängigkeit: Die Daten werden in Europa geschürft, die Weiterverarbeitung und Wertschöpfung findet in den USA statt – ein Ausstieg ist wegen der technologischen Verflechtung (Microsoft, Google, Apple, Werbemarkt etc.) auf den ersten Blick schwierig.
Probleme bei der Rechtsdurchsetzung und Datenschutz
- Möglicherweise gibt es ein race to the bottom: Viele Tech-Konzerne in den USA und der EU könnten in einem Rennen nach unten noch mehr Gesetze brechen als ohnehin schon. Wer das nicht für möglich hält, kann sich mal die irische, aber auch die deutschen Datenschutzbehörden anschauen, die im Verdacht stehen, zu lasch durchzugreifen, um ihrer Wirtschaft einen Standortvorteil zu verschaffen.
- Die Künstliche Intelligenz soll unter Trump stark gefördert werden. Im Kontext von Maschinellem Lernen aus großen Datenbeständen könnte das dazu führen, dass Urheberrechte noch mehr missachtet werden. Denn ohne neues hochwertiges Futter stirbt ein Sprachmodell im Internet schnell an seinem eigenen (Daten-)Müll. Immer mehr Plattformen werden die oft privaten Inhalte ihrer Nutzenden also über diesen Weg kapitalisieren.
- Die Zunahme von Hassrede wäre unter einer libertären Regierung keine Überraschung.
- Das Privacy and Civil Liberties Oversight Board wird vermutlich bis zur Funktionslosigkeit geschwächt. Die Überwachung der Geheimdienste ist dann kaum noch unabhängig kontrolliert. NOYB sieht darin ein weiteres Puzzlestück, das den Datentransfer in die USA rechtlich zerfallen lässt.
Ethische Probleme
Hier nur ein paar Gedanken, die Liste ist viel länger:
- Minderheiten, Migranten und LGBTQI+-Personen sind auf den Plattformen weniger geschützt.
- Der persönliche Einfluss von superreichen Egoisten wie Jeff Bezos, Elon Musk oder Sam Altman wird durch die Nutzung oder Unterstützung ihrer Produkte gefördert.
- Wachsende Kluft zwischen Arm und Reich durch zunehmenden Einfluss der Milliardäre auf die Regierung.
Demokratieprobleme
- Gefälschte Nachrichten, unter anderem durch KI erzeugt.
- Abschwächung von Faktenchecks und Attacken auf Wikipedia.
- Schwächung der amerikanischen Opposition und Minderheiten.
- Massive Einflussnahme auf die Meinungsbildung, bspw. über den Kauf von Zeitungen (Jeff Bezos), die Veränderung von Feedempfehlungen (X) oder erzwungene Followerschaft (Meta).
- Schwächung der Medienkontrolle bspw. durch die Nominierung des Republikaners Brendan Carr, der sich bereits auffällig oft für Elon Musk in die Bresche geschlagen hat, anstatt neutral die Interessen der US-Bürger’innen zu vertreten.
Aus der Krise eine Chance machen
Durch den Riss im transatlantischen Bündnis ist der sogenannte Westen in eine Transformationsphase geraten, deren Ausgang ziemlich offen ist. Naturgemäß bringt das vor allem eine erhöhte Geschwindigkeit, eine Wucht von Veränderungen. Diese kann Europa aber auch für seine Zwecke nutzen. Mit politischem Druck, der Macht des Geldbeutels und der Neugierde auf zivilgesellschaftliche Projekte im Internet können sie in der Transformationsphase mitbestimmen, was in Europa hopp und was top geht.
In unserer Tipp-Serie #UnplugTrump wollen wir zeigen, welche vielen kleinen Möglichkeiten es gibt, um sich von Trump und seinen Tech-Oligarchen abzukoppeln und wie man eine bessere Digitalwelt fördern kann. Folgt dafür einfach dem Hashtag auf Mastodon. Später werden wir die Tipps gesammelt im Blog veröffentlichen.