Zur Doku „Willy – Verrat am Kanzler“ – Guillaumes Rolle überzeichnet
Am 8. Januar 2025 wurde diese Doku ausgestrahlt. Ich komme darauf zurück, weil bei allem Respekt für dieses Werk einiges kritisch anzumerken ist. Vor allem wird die Bedeutung von Günter Guillaume im Kanzleramt und damit „in der Nähe Willy Brandts“ – wie so oft – überzeichnet. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-PodcastWeiterlesen
Am 8. Januar 2025 wurde diese Doku ausgestrahlt. Ich komme darauf zurück, weil bei allem Respekt für dieses Werk einiges kritisch anzumerken ist. Vor allem wird die Bedeutung von Günter Guillaume im Kanzleramt und damit „in der Nähe Willy Brandts“ – wie so oft – überzeichnet. Albrecht Müller.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Zugestanden, es war ein großer Fehler der Zuständigen und nicht Willy Brandts, Günter Guillaume als einzigen Mitarbeiter neben den Sicherheitsleuten in den Urlaub mit nach Norwegen zu nehmen. Es war ein Fehler, Willy Brandt auf der Wahlkampftour im Sonderzug von Guillaume begleiten zu lassen. Aber ansonsten wird die Nähe des Spions zum Kanzler völlig übertrieben.
Mein Urteil folgt daraus, dass ich zur gleichen Zeit im Jahre 1972 zuständig für den Wahlkampf der SPD und Willy Brandts und ab Februar 1973 Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt war.
Bei keiner der Besprechungen zum Bundestagswahlkampf war Guillaume beteiligt. Er war auch nicht bei der Erarbeitung der Wahlkampfkampagnen beteiligt.
Im Bundeskanzleramt hatte Guillaume sein Arbeitszimmer unterm Dach, weit weg vom (wirklichen) persönlichen Referenten für Außenpolitik Schilling und weit weg vom Büroleiter Willy Brandts Reinhardt Wilke. Interessant in diesem Zusammenhang: Die Autoren des Films scheinen das Buch von Reinhardt Wilke „Meine Jahre mit Willy Brandt“, das 2010 erschienen ist, nicht gelesen zu haben.
Im Film heißt es, das Interessante an diesem Mann Guillaume sei sein Arbeitsplatz, das Palais Schaumburg, und zwar direkt an der Seite des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt gewesen. Das stimmt wie beschrieben nicht.
Günter Guillaume war nicht berechtigt, an den Lagebesprechungen im Bundeskanzleramt teilzunehmen, die jeden frühen Morgen unter Leitung des Chefs des Bundeskanzleramtes stattfanden. Da trafen sich die fünf Abteilungsleiter, der Chef des Bundeskanzleramtes, der Chef des Bundespresse- und Informationsamtes und der Redenschreiber des Bundeskanzlers zum Informations- und Gedankenaustausch. Guillaume war nie dabei. Auch zu einer kleinen Runde von Vertrauten des Bundeskanzlers, die sich mit ihm am Freitag Mittag traf, gehörte Guillaume nicht. Mit dabei waren der Chef des Bundeskanzleramtes, Büroleiter Wilke und ich als Leiter der Planungsabteilung.
In dem hier kommentierten Film ging es wie immer bei solchen Dokumentationen und Artikeln zu Willy Brandt auch mal wieder um die Frauen. Die Erwähnung einer Liste insinuiert das übliche: Weiberheld. Ich weiß von solchen, die auf der Liste stehen, dass sie zu Unrecht darauf stehen. Aber es ist allzu schön und so aufregend, darüber ausgedehnt zu spekulieren. Das geschieht leider auch in diesem Film.
Recht gut herausgearbeitet wird in diesem Film, dass es beim Fall Guillaume und seiner Nähe zu Willy Brandt vor allem um ein Versagen der Behörden geht. Diese hätten Guillaume nach dessen vermuteter Enttarnung nie in der Nähe des Bundeskanzlers sein lassen dürfen. Ein Bundeskanzler als Lockvogel, das ist einfach zu viel des Guten. Das wird im besprochenen Film durchaus klar. Ein Pluspunkt zusätzlich zu anderen guten Stellen.
8. Januar 2025, 22:15 bis 23:45 Uhr | WDR Fernsehen
Willy – Verrat am Kanzler
Ein Film von Jan Peter und Sandra Naumann
Willy: Verrat am Kanzler
“WILLY – Verrat am Kanzler” taucht ein in die undurchsichtige Welt der Spionage und politischen Intrigen des Kalten Krieges. Anfang der 1970er-Jahre entschlüsselt der BND eine geheime Nachricht an einen Ost-Agenten im Westen. Die Botschaft, Glückwünsche zur Geburt des Sohnes, führt in die Nähe des Kanzlers: Brandts Referent Günter Guillaume gerät ins Visier. Am 24. April 1974 wird er zusammen mit seiner Frau als Spion der DDR verhaftet – das Ende einer Agentenkarriere.
Die Zeitreise in “WILLY – Verrat am Kanzler” beginnt am Ende des Zweiten Weltkriegs: Günter Guillaume und Willy Brandt versuchen, in der DDR und in der BRD ein neues, ein besseres Deutschland aufzubauen. Doch im Osten ist die Bevölkerung unzufrieden. Hunderttausende fliehen in den Westen – was die Staatssicherheit nutzt, um Spione einzuschleusen, darunter auch Guillaume. Er macht Karriere in der SPD. 1972 erschüttert ein Machtkampf die Bundesrepublik. Grund ist die neue Ostpolitik des Kanzlers und die wachsende Wut der Opposition. Neuwahlen stehen an. Zu Brandts Wahlkampfteam gehört auch Guillaume. Sechs Wochen ist Brandt mit ihm im Sonderzug auf “Willy wählen”-Tour, absolviert bis zu acht Auftritte am Tag, schläft zu wenig, raucht und trinkt zu viel. Er bleibt Kanzler, doch im April 1974 platzt die Bombe, der Spion im Kanzleramt wird enttarnt. Brandt gerät unter Druck. Die DDR-Regierung gerät in Panik, denn ein Sturz des Kanzlers könnte fatale Folgen für die deutsch-deutschen Beziehungen haben. Dann taucht eine brisante Liste auf: Namen von angeblichen Geliebten Brandts. Die Grenzen zwischen politischer Intrige und persönlichem Drama verschwimmen.
Die vierteilige ARD Mediatheksserie und der Dokumentarfilm “WILLY – Verrat am Kanzler” von Jan Peter und Sandra Naumann erzählen eine Geschichte von Geheimnissen, Lügen und Verrat, die einem Puzzle gleicht. “WILLY – Verrat am Kanzler” zeigt eine Welt, in der die Vergangenheit mit der Gegenwart verschmilzt, verwoben mit Archivmaterial der damaligen Berichterstattung. Erinnert, erzählt und reflektiert von Protagonistinnen wie der Journalistin und Brandt-Vertrauten Heli Ihlefeld, der DDR-Spionin Lilli Pöttrich, der Autorin & Podcasterin Yasmine M’Barek, der Journalistin Eva-Maria Lemke und der Historikerin & Bestsellerautorin Katja Hoyer. Eine noch nie dagewesene Perspektive auf die historischen Ereignisse dieser Zeit – erstmals ausschließlich aus der Sicht von Frauen erzählt. Wie schon in ihren früheren Arbeiten (“Rohwedder”, “Deutschland 9/11”, “Der letzte Flug”, “LUBI – Ein Polizist stürzt ab”) machen die beiden Filmemacher erneut Geschichte für ein heutiges Publikum erlebbar.
Titelbild: Screenshot WDR Doku “Willy: Verrat am Kanzler”