DeFAI: Agenten sind die neuen Token!
Einer der jüngsten Krypto-Trends ist DeFAI. Hier treffen sich Künstliche Intelligenz und dezentrale Finanzen, KI-Agenten und Smart Contracts. Das Ökosystem bietet zwar einige aufregende Ideen, doch deren Umsetzung ist noch sehr unreif. Und natürlich ertrinkt es schon jetzt in einer Flut an Token.
Einer der jüngsten Krypto-Trends ist DeFAI. Hier treffen sich Künstliche Intelligenz und dezentrale Finanzen, KI-Agenten und Smart Contracts. Das Ökosystem bietet zwar einige aufregende Ideen, doch deren Umsetzung ist noch sehr unreif. Und natürlich ertrinkt es schon jetzt in einer Flut an Token.
Vielleicht habt ihr in letzter Zeit hier und da etwas von DeFAI gehört und euch gefragt, was hinter dem neuen Kürzel und Trend steckt.
Im Grunde sagt der Name ja schon alles: Man nehme Dezentrale Finanzen (DeFi) und mische es mit künstlicher Intelligenz (AI). Heraus kommt DeFAI, ein Mischwesen aus zwei Trends und ein derzeit rasch aufstrebender Narrativ am Krypto-Himmel.
Der Begriff ist schwer abgrenzbar und meint im Zweifel alle Token und Projekte, in denen sich DeFi und AI irgendwie treffen. Das gibt es im Grunde schon, seit die ersten AI-Coins vor einigen Jahren live gingen.
Aber der DeFAI-Trend, der erst im letzten Herbst ansetzte, ist anders. Hier geht es vor allem um KI-Agenten. Man könnte sagen: Agenten sind die neuen Token. Und damit wird es spannend.
Die vier Kategorien von DeFAI
Grob umrissen umfasst DeFAI vier Anwendungen:
(1) Das Wallet-Management: KI-Agenten optimieren die Nutzung von Wallets und das DeFi-Trading. Die Vision ist, dass man eine Wallet per Prompt anspricht, so wie ChatGPT, und sie dadurch Aktionen ausführt, die manuell, komplex und zeitraubend wären. KIs vereinfachen zudem die Interaktion mit Smart Contracts. Sie automatisieren das operativ oft aufwendige und komplexe „Yield Farming“ auf verschiedenen DeFi-Plattformen, sie helfen einem dabei, den Überblick zu behalten, etwa für die Steuern, und vieles mehr.
(2) Analysen: KI-Agenten analysieren Daten onchain – etwa Transaktionen oder das Handelsvolumen auf dezentralen Börsen – sowie offchain – etwa die Stimmung auf sozialen Medien oder von Ranking-Seiten wie coinmarketcap. Auf Basis dieser Daten informieren sie einen User rasch über neue Trends. Solche Agenten können Teil der Wallet-Prompt sein, aber etwa auch eine Telegram-App führen.
(3) KI-Fonds: KI-Agenten führen autonom eine Wallet mit Token und agieren wie ein aktiv verwalteter Investmentfonds. Auf DeFi-Plattformen können die Agenten nach einer bestimmten Strategie handeln, staken und so weiter.
(4) Geteilter Besitz von Agenten: Indem KI-Agenten tokenisiert werden, kann man sie gemeinsam besitzen. Dies können alle Arten von KI-Agenten sein, ob Investmentfonds, Produktivitätshelfer, Künstler, Influencer, Gaming-NPCs und mehr. Sie werden dann durch ein „Initial Agent Offering“ (IAO) tokenisiert und verkauft. Wenn der Agent dann Erträge erwirtschaftet, können die Halter durch eine Dividende davon nutznießen.
Klingt eigentlich verheißungsvoll, oder?
Viel Enttäuschung in der Flut der Token
Technisch sind die Voraussetzungen für DeFAI zu weiten Teilen vorhanden.
- Mit DeFI gibt es ein reifes Ökosystem, auf dem man Coins und Token dezentral handeln, leihen, verleihen, staken kann.
- Mit den GPT-Modellen und OpenAI und anderen wurde Software (gefühlt) intelligent. Mittlerweile sind diese LLMs relativ reif und es gibt eine breite Infrastruktur um sie herum.
- Mit Account Abstraction, dem von Coinbase entwickelten MPC-Wallet auf Base sowie dem ERC-Standard 6551 für „smarte“ NFTs ist es möglich, einer KI die Kontrolle über eine Wallet zu überlassen und Ökosysteme um Agenten herum zu bilden.
Kein Wunder sprießen DeFAI-Token wie Pilze aus dem Boden, in der Regel auf Solana oder dem Ethereum-Rollup Base. Auf cookie.fun und Virtuals.app kann man tausende davon anschauen. Die meisten haben einen Namen, einen Twitter-Account, ein Logo oder einen Avatar sowie eine Kurzbeschreibung. Webseiten und Whitepaper sollte man nicht erwarten.
Insgesamt hat der Markt der DeFAI-Token bereits eine kleine einstellige Milliardensumme erreicht. Einige wenige Token sind mehr als 100 Millionen Dollar wert, die meisten bleiben aber im fünf- oder sechsstelligen Bereich.
All das klingt vielversprechend. Wenn man aber genauer hinschaut, macht sich Enttäuschung breit: Alles ist noch sehr jung, sehr unreif, im allerbesten Fall halbgar, aber dafür enorm gehypt und mit einem durchdringenden Geruch nach Memecoin, Pump und Abzocke.
Nichts, was ich getestet habe, hat mich überzeugt, auch wenn die grundlegenden Ideen inspirierend sind. Daher stelle ich euch drei Projekte vor.
Wallet-Management per Prompt
Es gibt zahlreiche DeFAI-Projekte, die versprechen, das Wallet-Management oder Trading zu vereinfachen. Da dies Sinn ergibt, hätte ich es gerne ausprobiert.
Viele Projekte sind aber noch nicht live, etwa Hey Anon oder Bankr. Hier kann man nur Token kaufen und sich auf einer Whitelist eintragen. Andere, wie Griffain, Slate und Almanak, sind im geschlossenen Early Access bzw. nur per Einladung zugänglich. Hiero ist bisher nur ein Chatbot, HotKeySwap will, dass man auf eine merkwürdige exotische Blockchain wechselt.
Die einzige Plattform, die einigermaßen funktioniert, ist Orbit. Hier kann man auf Solana, Ethereum und vielen Rollups spezielle KI-Wallets generieren und etwas einzahlen. Orbit bündelt dann verfügbare Agenten in einem Chat-Prompt, durch den man Befehle eingeben kann.
Einfache Wechsel in andere Token oder auch Staking funktionieren relativ reibungslos. Nach den bei Chatbots üblichen Verständigungsschwierigkeiten konnte per Prompt Ether gegen USDC wechseln. Das war schon faszinierend und macht Lust auf mehr.
Sobald es aber komplizierter wird, versagt der Bot. So wollte ich etwa USDC und ETH in einen Liquidität-Pool auf Uniswap geben, doch am Ende landete der Betrag in einem Balancer-Pool, und, egal was ich versuche: Der Bot ist nicht in der Lage, ihn auszuzahlen oder mir auch nur weitere Infos darüber zu geben.
Es dürfte noch ein ziemlich weiter Weg sein, bis man wirklich mit einem Werkzeug wie Orbit arbeiten kann. Aber das Potenzial ist definitiv vorhanden, und es wäre enttäuschend, wenn Prompts für Wallets nicht in wenigen Jahren üblich wären.
Initial Agent Offering (IAO)
Virtuals sieht auf den ersten Blick auf wie eine weitere Plattform für Memecoins: Es gibt eine lange Liste mit Coins, sortiert nach Marktkapitalisierung, dazu Logos mit Comic-Avataren und Kürzel wie $LUNA, $IONA, $VADER, $FREYA, $TAOCAT und so weiter.
Tatsächlich aber ist Virtuals ein Marktplatz für KI-Agenten. Man kann hier KI-Agenten tokenisieren und die Token kaufen und handeln. Dass es derzeit, nach nur wenigen Monaten, bereits 643 solche Token gibt, zeigt, wie gut die Plattform ankommt – aber auch, wie schwierig es ist, sich darin zu navigieren.
Virtuals, erklärt die Doku, „bildet eine Schicht für den geteilten Besitz von KI-Agenten in Gaming und Entertainment. Wir sind überzeugt, dass KI-Agenten in Zukunft Assets sein werden, die Einnahmen generieren […] Wie alle anderen produktiven Assets, können diese auf der Blockchain tokenisiert und geteilt werden.“ Die Agenten können selbst planen, eigene Ziele verfolgen, per Text, Sprache oder 3D-Animationen kommunizieren, mit ihrer Umgebung interagieren, ob in Spielen oder auf TikTok, und sogar onchain-Wallets benutzen. „Stell‘ dir einen KI-Influencer vor, der auch als NPC in Spielen auftritt, nahtlos plattformübergreifend, auf Roblox, Telegram und mehr.“
Mit dem Virtuals Protocol können diese Agenten also einfach tokenisiert und gehandelt werden. Neben Agenten für Gaming und Entertainment findet man auch Agenten, die Wallets verbessern oder onchain handeln sollen. Gemein ist den meisten, dass es nur spärliche Informationen gibt und man kaum einen Agenten findet, der auch nur halbwegs funktionstüchtig ist.
Noch niederschmetternder ist der Blick auf die Preisentwicklung: fast überall ein Blutbad. Die meisten haben seit dem Start 80–90 Prozent verloren.
Nichtsdestoweniger ist die Kernidee – Agenten zu tokenisieren und geteilt zu besitzen – aufregend. Es wäre eine gewaltige Enttäuschung, wenn sie nicht zündete.
Autonome Investment-Agenten
Als Drittes kommen wir zu von KI-Agenten geleiteten Investmentfonds. Auch dies wäre an sich ein aufregender Bereich, doch auch hier gibt es bisher wenig zu sehen.
Projekte wie ai16z, Vader und AixCB gehen in diese Richtung und haben auch schon eine ordentliche Marktkapitalisierung erreicht. Allerdings handelt es sich um keine reinen KI-Fonds. Vader soll ein Hilfsmittel sein, um den Markt zu analysieren; AixCB ist ein von Menschen gesteuerter Fonds, der in DeFAI-Projekte investiert.
Interessant ist ai16z. Es startete als KI-unterstützter Fonds, wurde aber mittlerweile zu einer Plattform, ElizaOS, um AI-Investment-Agenten auf Solana aufzusetzen. Es gibt nun schon zahlreiche solche Agenten, aber alle sind noch klein. Neben einem Namen ist nicht viel über sie zu erfahren.
Am weitesten scheint hier Kosher Capital zu sein. Dies ist ebenfalls eine Plattform für Investment-Agenten, die aber im Begriff steht, mit dem ersten vollständig von einer KI verwalteten Fonds live zu gehen: der Rabbi Shlomo Digital Gold Fund. Dieser soll autonom auf Base und Solana handeln. Sein Ziel ist es, eine bestimmte Distribution von Token zu halten: 35 Prozent Bitcoin, 25 Prozent KI-Infrastruktur, 20 Prozent Stablecoins sowie je 10 Prozent Agenten und Spekulation. Damit soll er im Bullenmarkt seinen Bitcoin-Bestand maximieren und im Bärenmarkt den Wert erhalten.
Dies klingt nicht uninteressant. Sollten sich autonome KI-Fonds bewähren, dürften sie ein großes Potenzial haben. Die Basis dafür wird gerade gelegt.