Krypto-Preise rauchen ab – Ether entkoppelt sich von Bitcoin
Am Wochenende sind die Preise von Bitcoin und anderen Kryptowährungen stark gefallen. Aber nicht jeder Coin fällt gleich tief. Ethereum zum Beispiel hat sich in der Preisentwicklung vollends von Bitcoin abgekoppelt – nicht eben zum Besseren.
Am Wochenende sind die Preise von Bitcoin und anderen Kryptowährungen stark gefallen. Aber nicht jeder Coin fällt gleich tief. Ethereum zum Beispiel hat sich in der Preisentwicklung vollends von Bitcoin abgekoppelt – nicht eben zum Besseren.
Tja. Wer heute Morgen auf die Krypto-Preise schaute, sah viel Rot. Alles runter, selbst Bitcoin um zehn Prozent, andere Coins um 20 oder auch 30. Ist das eine Korrektur? Ein Crash? Oder gar eine Trendwende? Wie soll man das einschätzen?
Zunächst einmal die harten Fakten in den hübschen Charts von livecoinwatch.com:
Bitcoin ist von 101 Euro am 1. Februar um etwa 10 Prozent auf bis zu 91 Euro am 3. Februar gestürzt.
Ethereum synchron dazu, aber noch mal ein ordentliches Stückchen schärfer, von 3.200 auf 2.500 Euro und damit rund 20 Prozent.
Die gesamte Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen fiel von 3,67 Billionen US-Dollar auf 3,02 Billionen. Die vergangenen zwei Nächte haben gut 600 Milliarden virtuelle Dollar zerstört.
Der Crash bestätigt, dass sich Ethereum von Bitcoin entkoppelt. Je weiter man heraus zoomt, desto größer wird die Kluft. Etwa im 30-Tages-Chart: Bitcoin steht hier relativ gut da. Man könnte noch sagen, der Preis nähert sich dem Tal einer Welle.
Ethereum dagegen ist, Plateau für Plateau, auf sein 30-Tages-Tief herabgestiegen.
Der Jahreschart macht es noch viel deutlicher. Bitcoin satt im Plus, von 40.000 auf nun knapp 100.000 Euro.
Ethereum dagegen stagniert in einem Kanal zwischen knapp 2.000 und 4.000 Euro treu:
Wenn man den Ether-Preis in Bitcoin abbildet, zeigt sich ein relativ scharfer Abstieg seit Mitte 2021. Man könnte, wenn man unbedingt will, einen sehr langsamen parabolischen Aufwärtstrend hineindenken, eventuell einen Boden, der bald erreicht ist.
Nicht zu übersehen ist aber, dass Ethereum im Vergleich zu Bitcoin in diesem Marktzyklus enttäuscht. So steht es mit vielen Coins – aber nicht mit allen. Dogecoin beispielsweise hat auch im Vergleich zu Bitcoin ein starkes Jahr:
Und auch die Smart-Contract-Blockchain Solana macht sich anständig:
Man erkennt, was den Preis angeht, eine spezielle Krise von Ethereum. Die weiterhin zweitgrößte Kryptowährung hat bisher nicht mit Bitcoin Schritt gehalten und verliert ihren Vorsprung vor den anrückenden Coins.
Warum fällt Ethereum so stark?
Die Erklärung ist nicht ganz einfach. Denn im Grunde läuft es bestens. Ethereum extrem nützlich. Es ist weiterhin die zentrale Blockchain der Smart Contracts, also des Web3. Weiterhin sind 50 Prozent des Kapitals in DeFi auf Ethereum, wie der Chart von Defillama.com zeigt:
Und mit seinen Rollups skaliert Ethereum hervorragend. Derzeit prozessiert Ethereum fast 200 Transaktionen je Sekunde, also etwa 80 Mal so viel wie Bitcoin. Die Rollups skalieren die Mainchain um den Faktor 16,3 nach einem Chart von L2Beat. Das läuft. Niemand kann sagen, dass Ethereum nicht benutzt wird.
Das Problem ist schwerer zu beschreiben. Eventuell liegt es an Solana. Einer der jüngeren Trends, die Memecoin-Schleuder Pump.fun, entstand auf Solana, anstatt, wie gewöhnlich, auf Ethereum. Dass Solana die Blockchain der wilden Memecoins ist, unterstrich Präsident Trump mit seinem Shitcoin $TRUMP. Entgleitet Ethereum die Stellung als Pionier des Web3?
Zudem nehmen die Ether in diesem Ökosystem übers Staking zwar die Stellung einer Art Reservewährung ein. Doch sie haben nicht den Status als Wertspeicher, wie Bitcoin ihn hat. Kaum etwas zeigt das so deutlich wie die Nachfrage der Wall Street nach den entsprechenden ETFs, wie sie Coinglass.com zeigt:
Bei Ethereum gibt es Zuflüsse zwischen zehn und 100 Millionen Dollar. Phasenweise verstummen diese Zuflüsse fast gänzlich.
Bei Bitcoin dagegen arbeitet man in einer ganz anderen Größenordnung: Hier reden wir von Zuflüssen zwischen ein paar hundert Millionen und einer Milliarde.
Allerdings heißt das nicht, dass Bitcoin an der Stelle aus dem Schneider ist. Denn während Ethereum beim Preis schwächelt, aber in der Nutzung glänzt, macht sich Bitcoin gut als Wertspeicher, lässt aber im Betrieb nach.
Die Transaktionen sind zwar im Rahmen des Möglichen stabil. Sie stagnieren, hier im Chart von Blockchair.com zu sehen:
Vielsagender ist an der Stelle der Chart der Gebühreneinnahmen der Miner. Da die Anzahl der Transaktionen durch die Blockgröße gekappt ist, wird die Nachfrage nach dem knappen Platz auf der Blockchain aussagekräftiger. Die Höhe der Gebühren dient als Indikator, wie nachgefragt Bitcoin als Zahlungsmittel ist. Und wie es aussieht, nicht so sehr:
Kürzlich ließ die Nachfrage sogar so weit nach, dass der Mempool leer wurde. Der Mempool ist der Ort, an dem Transaktionen darauf warten, dass ein Miner sich ihrer annimmt und sie in einem Block bestätigt. Sozusagen das Fegefeuer einer Transaktion, das Wartezimmer vor dem Finale. Gewöhnlich stauen sich einige Tausend Transaktionen im Mempool, manchmal auch einige Zehn- oder Hunderttausend, und bilden eine Art Boden für die Transaktionsgebühren.
Der Mempool-Explorer von Jochen Hoenecke illustriert, wie der Mempool – sowieso schon voller Transaktionen mit geringen Gebühren, am zweiten Februar auf null kollabiert. Damit läuft ein lange anhaltender Trend in sein Ziel ein.
Dass die Nachfrage nach Bitcoin als Zahlungsmittel abnimmt, bedeutet im Umkehrschluss nicht, wie manche hoffen, dass die für den Wertspeicher zunimmt. Jameson Lopp, wahrlich kein Bitcoin-Kritiker, tweetet, dass das UTXO-Set dann wachsen müsste, tatsächlich aber ebenfalls abnimmt.
Einen Bitcoiner, den man an dieser Stelle im Auge behalten sollte, ist Michael Saylor, CEO von MicroStrategy. Zwar ist das Investment von MicroStrategy weiterhin satt im Plus, wie saylortracker.com zeigt:
Doch mit den meisten Käufen seit November ist Saylor im Minus:
Er tweetet nur „Never sell your Bitcoin“, was beinahe schon wie eine Bitte klingt. Am 31. Januar hat MicroStrategy „Price of Strike Preferred Stock Offerings“ eingeführt: Anleihen, die mit 8 Prozent verzinst sind und zu einem Ausgabewert von 80 Prozent angeboten werden. Auf den Markt kommt die Anleihe am 5. Februar. Eventuell wird sie den Preis noch etwas erhöhen können, aber man könnte auch Verzweiflung riechen.
Eine akute Bedrohung dürfte MicroStrategy nicht sein. Aber Saylors Wette, dass der steigende Bitcoin-Preis sein Unternehmen immer wertvoller macht, lahmt derzeit. Sollte sich der Abwärtstrend fortsetzen, könnte die Reserve von MicroStrategy diesen tatsächlich beschleunigen und einen Bärenmarkt einleiten. Bisher aber fehlen die klaren Marktsymbole für einen Wendepunkt.