Greenpeace-Studie: Schaum an Nord- und Ostsee mit giftigen Chemikalien verseucht

Erstmals zeigt eine Studie, wie sehr deutsche Küsten mit giftigen Chemikalien belastet sind. Nachbarländer warnen bereits. Doch die deutschen Behörden bleiben gelassen.

Feb 3, 2025 - 16:09
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Greenpeace-Studie: Schaum an Nord- und Ostsee mit giftigen Chemikalien verseucht

Erstmals zeigt eine Studie, wie sehr deutsche Küsten mit giftigen Chemikalien belastet sind. Nachbarländer warnen bereits. Doch die deutschen Behörden bleiben gelassen.

Sie entstehen, wenn Wellen an Stränden brechen und bleiben meist im Flutsaum hängen. Hunde toben gerne ihn ihnen herum, Kinder nutzen sie für Strandschlachten. Und der dänische Dichter Hans Christian Andersen widmete ihnen mit der kleinen Meerjungfrau sogar ein Märchen: Schaumkronen kennt jeder, der schon einmal an Nord- oder Ostsee war.

Die weißen Flocken am Strand sind schön anzusehen – aber auch gefährlich, hat die Umweltorganisation Greenpeace in einer aktuellen Studie herausgefunden. Demnach ist der Meeresschaum an den deutschen Küsten stark mit sogenannten "Ewigkeitschemikalien" (Pfas) belastet. Eine gesundheitliche Gefährdung nach dem Kontakt sei nicht auszuschließen, heißt es in der Studie. Vor allem Kinder sollten den Meeresschaum deshalb meiden.

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Anders als in einigen Nachbarländern gilt in Deutschland ein Chemikalien-Grenzwert nur für Trinkwasser. Dieser liegt bei 100 Nanogramm pro Liter. Zum Vergleich: Die dänischen Behörden haben den Grenzwert für Badegewässer auf 40 Nanogramm pro Liter festgelegt.

Doch ganz gleich, welcher Grenzwert an den deutschen Küsten zugrunde gelegt würde: Beide werden um ein Vielfaches gerissen. Stellenweise maßen die Forscher bis zu 160.000 Nanogramm Pfas pro Liter. Am höchsten war die Belastung demnach im Ostseebad Kühlungsborn (160.000 ng/l), gefolgt von Sylt (96.000 ng/l) und Sankt Peter Ording (58.000 ng/l).

Umweltministerium äußert sich zu Chemikalien in Gewässern zurückhaltend

Pfas, besser bekannt als Ewigkeits- oder Industriechemikalien, werden vor allem für beschichtete Gegenstände wie Bratpfannen oder Outdoorkleidung verwendet. Sie finden sich aber auch in Lebensmittelverpackungen wie Pizzakartons und Backpapier, reichern sich in der Umwelt an und gelten als so gut wie nicht abbaubar. Über die Nahrungskette gelangen sie in den menschlichen Körper.

Für Aufsehen sorgten im Jahr 2023 mehrere Studien des Umweltbundesamtes, die zeigten, dass die giftigen Stoffe weit im Wasserkreislauf verbreitet sind. Besorgniserregend waren die Ergebnisse deshalb, weil die Chemikalien unter anderem Krebs verursachen, die Fruchtbarkeit gefährden und das Immunsystem schädigen.

Laut Greenpeace gibt es mehrere Alternativen zu den toxischen Stoffen, die von der Chemieindustrie allerdings abgelehnt werden.

Ewige Chemikalien im Trinkwasser 10.04

Die Umweltorganisation fordert deshalb, dass die Belastungswerte an den deutschen Küsten geprüft werden und verweist auf Dänemark und die Niederlande, wo die Behörden die Grenzwerte regelmäßig und offiziell prüfen. In den beiden Ländern warnen die Behörden die Bürger an einigen Orten vor dem Kontakt mit dem Meeresschaum.

Dem SWR teilte das Bundesumweltministerium mit, man halte sich an die EU-Vorgaben. Strengere Regelungen für Industrieabwässer seien nicht vorgesehen. Allerdings gebe es einen "Pfas-Actionplan" der EU-Kommission, um die weitere Ausbreitung der Chemikalien zu verhindern. Konkrete Hinweise für Strandbesucher gibt es seitens des Umweltministeriums weiterhin nicht.