Man sieht sich
Der Abendspaziergang am Donnerstag verband sich dann zwanglos und wie von selbst mit dem Demonstrationsgeschehen. Man hatte allgemein den exakt gleichen Weg wie ich, den ich täglich am Abend gehe. Der also vorgestern noch nur mein Weg war, dann aber eine Demoroute, und was für eine gut besuchte. Es fühlte sich tatsächlich etwas wundersam an.... Der Beitrag Man sieht sich erschien zuerst auf Buddenbohm & Söhne.
Der Abendspaziergang am Donnerstag verband sich dann zwanglos und wie von selbst mit dem Demonstrationsgeschehen. Man hatte allgemein den exakt gleichen Weg wie ich, den ich täglich am Abend gehe. Der also vorgestern noch nur mein Weg war, dann aber eine Demoroute, und was für eine gut besuchte. Es fühlte sich tatsächlich etwas wundersam an.
Ich teilte diesen Weg immerhin auf einmal mit etlichen Tausenden. Die Innenstadt war voll, sehr voll. Zwischen dem Hauptbahnhof und dem Rathaus staute sich oder stand ein kompakter Demoblock und die Zahl der Teilnehmenden, die ich in den Medien sehe, kommt mir deutlich unterschätzt vor. Aber gut, gezählt habe ich nicht.
In der Menge sah ich auch etliche Zufallsgefangene, besonders in der Spitaler Straße, die wohl eigentlich nur zum Shopping in der Stadt waren. Die also gar nicht wussten, wie ihnen geschah, als sie aus einem Kaufhaus traten und kurz darauf aus den Massen kaum noch herausfanden.
Im Gegensatz zur Weihnachtsfülle war es mir diesmal aber angenehm, dass es so voll war. Ich bin so weit also noch seelisch variabel, hielt mich aber dennoch lieber an die Randzonen der Aufmärsche. Bewegungsfreiheit ist mir doch wichtig, merke ich immer mehr.
Und zwischendurch habe ich auch wieder Bekannte und Nachbarn in der unüberschaubaren Menge getroffen, was mir bei solchen Veranstaltungen immer merkwürdig vorkommt. Als sei man hier in einer viel kleineren Stadt, quasi Kreisstadtmarktplatzauftrieb am Abend – man sieht sich.
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Ansonsten winken wir David Lynch, versteht sich. Ich werde das Home-Office gleich mit dem laut gestellten Twin Peaks-Soundtrack im Hintergrund starten, das wird sicher angemessen sein. Und es ist ohnehin eine gute Idee, denke ich. Dann muss man sich nämlich, wenn man erst ein wenig in die richtige Stimmung kommt, in diese Stimmung also, in der man damals beim ersten Sehen der Serie irgendwann war, über nichts mehr wundern, was um einen herum geschieht.
Dann kann man, damit es zur Musik und zu den Erinnerungen passt, einfach nur noch über alles staunen. All die mühsamen Deutungen, auf die man sonst im Alltag so dermaßen viel Zeit und Energie verwendet, sie werden auf einmal nebensächlicher.
Man ahnt dann wieder, dass man am Ende bei vielen Fragen ohnehin nicht Recht haben wird. Es wird alles ganz anders sein.
Es wird auch gesünder sein, nur zu staunen, viel besser für den Blutdruck wird es sein. Deutlich gesünder, als sich dauernd über alles aufzuregen. Ich werde heute zwischendurch mehrfach verdammt guten Kaffee trinken, und vielleicht hole ich mir ausnahmsweise auch noch ein Stück Kuchen vom Bäcker, wenn ich schon in diesem Setting und in dieser Stimmungslage bin. Ja, ich denke, in etwa so wird es heute laufen.
Aber andererseits: Wer weiß schon, wie es heute laufen wird. Es gibt, und da treffen sich Fiktion und Realität wieder und wirken erneut verblüffend ähnlich, einfach zu viele skurrile Nebenfiguren.
Ob man sich nun alte Serien oder das Büro, die Familie und die Nachbarschaft ansieht. Sie kennen das.
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