Bernd Ziesemer: Deutschland macht die Wende in der China-Politik
Während deutsche Konzerne weiter wie wild in China investieren, dürfte die nächste Bundesregierung einen ganz anderen Kurs steuern
Während deutsche Konzerne weiter wie wild in China investieren, dürfte die nächste Bundesregierung einen ganz anderen Kurs steuern
In einer Schlüsselfrage der Außenpolitik existiert sie bereits: die schwarz-grüne Koalition. Was in der vergangenen Woche vom CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und von der grünen Spitzenpolitikerin Annalena Baerbock über China zu hören und zu lesen war, deckt sich bis ins Detail. Beide Parteien wollen härter mit dem Xi-Jinping-Regime umgehen, fordern von der deutschen Industrie mehr Vorsicht bei Geschäften in der Volksrepublik und sind entschlossen, in der EU eine gemeinsame Abwehrstrategie gegen die chinesische Exportflut durchzusetzen.
Vor allem auf Merz kommt es an, der sich zum ersten Mal klar zu diesem Thema geäußert hat. Selbst wenn es nicht für eine schwarz-grüne Koalition reichen sollte, könnte der CDU-Chef seine Haltung wohl durchsetzen. Die FDP vertritt eine ähnliche Linie. Und für die SPD spielt China, ganz im Gegensatz zu Russland, keine große Rolle. Die Zeichen stehen also gut, dass es nach der Bundestagswahl im Februar zu einer Wende in der deutschen China-Politik kommt. Sie ist längst überfällig.
Damit ist allerdings ein deutlicher Konflikt mit der deutschen Industrie programmiert. Trotz aller vergangenen Aufrufe zu mehr Zurückhaltung bei Direktinvestitionen, zur Diversifizierung der Lieferketten und zur Risikominimierung investieren einige große deutsche Konzerne nach wie vor wie wild in China. Gerade erst enthüllte das „Manager Magazin“ Überlegungen bei Volkswagen, den Konzern künftig noch stärker an die Volksrepublik zu ketten. Dabei fließen schon jetzt 3,5 Mrd. Euro zusätzlich dorthin, um den weiteren Rückgang der Marktanteile zu stoppen.
Es kann ungemütlich für deutsche Konzerne werden
In einer Marktwirtschaft kann die Politik einen solchen Kurs nicht verhindern. Der künftige Bundeskanzler Merz hält nichts von staatlicher Investitionslenkung. Allerdings kann die Bundesregierung alles tun, um eine hochriskante Strategie nicht auch noch durch finanzielle Anreize zu befeuern. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat in der vergangenen Legislaturperiode einiges getan, um die ausufernden Garantien für das China-Geschäft zu kappen. Merz denkt auch hier in die gleiche Richtung – und warnte die deutschen Unternehmen in der letzten Woche vor drohenden Totalverlusten in der Volksrepublik.Laufzeiten-ETFs: So sichern Sie noch hohe Zinsen - Capital.de
Es könnte sehr schnell ungemütlich für die deutschen Konzerne werden, wenn der neue amerikanische Präsident Donald Trump seine Drohungen gegen China war macht. Vieles spricht dafür, dass es künftig noch viel schwieriger als ohnehin schon werden könnte, gute Geschäfte sowohl in den USA als auch in China zu machen. Deutsche Unternehmen könnten schon bald gezwungen sein, sich zwischen den beiden Weltmächten zu entscheiden. Und sie sollten nicht damit rechnen, dass sich die nächste Bundesregierung in dieser Frage auf Konfliktkurs mit Trump begibt.
Die deutsche Politik steht an der Schwelle von einer merkantilistischen Außenpolitik zu einer geostrategischen Außenpolitik. Und die Unternehmen werden künftig im Exportgeschäft am besten fahren, die sich frühzeitig auf diesen Wechsel einstellen.