Vor 100 Jahren: Held auf vier Pfoten: Wie Schlittenhund "Balto" ein ganzes Dorf rettete

Im Februar 1925 beförderten Huskys Medikamente in das abgeschiedene Dorf Nome und verhinderten so eine Diphterie-Epidemie. Hund Balto wurde als Held gefeiert – und endete im Zoo

Feb 4, 2025 - 07:29
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Vor 100 Jahren: Held auf vier Pfoten: Wie Schlittenhund "Balto" ein ganzes Dorf rettete

Im Februar 1925 beförderten Huskys Medikamente in das abgeschiedene Dorf Nome und verhinderten so eine Diphterie-Epidemie. Hund Balto wurde als Held gefeiert – und endete im Zoo

Die Lage scheint aussichtslos: Anfang 1925 wütet in dem abgelegenen 1400-Seelen-Dorf Nome in Alaska die Diphterie. Mehrere Kinder sind an der tödlichen Infektion bereits gestorben. Und die Medikamente in der örtlichen Krankenstation: abgelaufen. Der Arzt von Nome befürchtet eine Epidemie, verhängt eine Quarantäne, ordert bei der US-Gesundheitsbehörde mehrere hunderttausend Einheiten eines rettenden Gegenmittels.

Nur: Wie sollen die Medikamente rechtzeitig in diesen Ort mitten in schneebedeckter Wildnis an der Westküste Alaskas gelangen? Der Hafen ist zugefroren, kein Pilot wagt im Winter den Flug. Und der nächste Bahnhof in Nenana liegt mehr als 1000 Kilometer entfernt.

Einsatz bei minus 52 Grad: Der "Serum Run to Nome"

Dorthin werden die dringend benötigten Arzneien schließlich von Anchorage aus geschickt. Nome setzt alle Hoffnungen auf 20 Schlittenführer und 150 Hunde: Sie sollen das neun Kilo schwere Paket mit den Ampullen in einer Staffelfahrt in den Ort schaffen und sich dabei unterwegs gegenseitig ablösen. Ein riskanter Plan. Abends am 27. Januar startet die Rettungsaktion an der Bahnstation in Nenana. Es ist ein "Rennen gegen den Tod", so ein Radioreporter. Es geht als "Serum Run to Nome" in die Geschichte ein.

Die Schlittenführer überwinden mit ihren Gespannen Berge, gefrorene Flüsse, fahren selbst nachts in tiefster Dunkelheit, trotzen eisigem Gegenwind, Sturm und Nebel – bei bis zu minus 52 Grad Celsius. Teils ist die Sicht so schlecht, dass sich die Männer auf ihre Hunde verlassen. Einmal reißt eine Bö den ganzen Schlitten um. Als der Schlittenführer im Schnee nach dem Paket mit dem Serum sucht, zieht er sich schmerzhafte Erfrierungen zu.

Tiere die Geschichte machten

Der Hundezüchter Leonhard Seppala, ein Norweger, nimmt besondere Gefahren in Kauf: An der Küste des Norton Sounds, eines Arms des Beringmeers, kürzt er die Route ab, führt seine Hunde über das gefrorene Wasser – und über scharfkantige Eisschollen. Seppala ist es auch, der mit seinem Leithund Togo die längste Einzeletappe zurücklegt: 146 Kilometer.

Am 2. Februar erreicht Schlittenführer Gunnar Kaasen mit Leithund Balto und dem rettenden Serum das Ziel: In nur fünfeinhalb Tagen haben die Männer und ihre Hunde die Arznei 1085 Kilometer weit durch Alaska transportiert. Die Diphterie-Epidemie bleibt aus, das Örtchen Nome ist gerettet.

Leonhard Seppala trägt Hund Togo auf seinen Schultern
Die lange übersehenen Helden: Leonhard Seppala und Togo legten die längste und schwierigste Passage beim "Serum Run to Nome" zurück
© George Rinhart / Corbis

Schnell findet der "Serum Run to Nome" seine Helden: Gunnar Kaasen und Balto, die das Medikament schlussendlich zum Zielort gebracht haben. Das Duo landet auf Titelseiten von Zeitungen, tourt durch die USA. Noch 1925 erhält Balto eine Statue im New Yorker Central Park – und doch wird ihm der Ruhm zum Verhängnis: Wanderzirkusse präsentieren ihn im Käfig als "Wunderhund", Besucher beschreiben ihn bald als abgemagert, bemerken Misshandlungen. Dank einer Spendenaktion wird der Huskey schließlich freigekauft und landet im Zoo von Cleveland (dort wird er nach seinem Tod 1933 ausgestopft).

Leonhard Seppala und Togo sowie die anderen Schlittenführer und Hunde geraten zunächst weitgehend in Vergessenheit. Doch 1997 wird auch Togo ein Denkmal gewidmet, 2011 kürt ihn die "Times" zum heldenhaftesten Tier der Geschichte – und 2019 verfilmt Disney den "Serum Run to Nome" mit Willem Dafoe als Hauptdarsteller. Der Titel des Abenteuerfilms: "Togo".