Packende Schau über Glitches, Social Media und Desinformation
Etwas Zeit bleibt noch, um sich die hochaktuelle Foto-Ausstellung »Tactics and Mythologies« in den Hamburger Deichtorhallen anzuschauen, die Verschwörungstheorien nachgeht – und einer Bildkultur in digitalen Zeiten. Nadine Isabelle Henrich, die ...
Etwas Zeit bleibt noch, um sich die hochaktuelle Foto-Ausstellung »Tactics and Mythologies« in den Hamburger Deichtorhallen anzuschauen, die Verschwörungstheorien nachgeht – und einer Bildkultur in digitalen Zeiten.
Nadine Isabelle Henrich, die neue Kuratorin des Hauses der Photographie der Deichtorhallen, kam im letzten Jahr vom Getty Research Institute in Los Angeles nach Hamburg.
Und zeigt gleich mit ihrer ersten Schau, was für spannende und relevante Themen von ihr zu erwarten sind.
Die Ausstellungsreihe »Viral Hallucinations« handelt von Verschwörungstheorien und Desinformationskampagnen in Zeiten digitaler Bildkulturen und KI. Sie beleuchtet, wie leicht sich über Social Media Desinformation verbreiten lässt und wie schwer es ist, diese wieder zu stoppen oder rückgängig zu machen.
Und die Reihe beginnt mit der Schau »Tactics and Mythologies«, die zwei Projekte des New Yorker Duos Andrea Orejarena und Caleb Stein zeigt.
Ist ihre Serie »Long Time No See« mit Jugendlichen in Vietnam entstanden, die bis heute unter dem Einsatz chemischer US-Waffen leiden, untersucht »American Glitch« Ästhetiken der Desinformation.
Wie in der Truman Show
Vier Jahre lang haben Andrea Orejarena und Caleb Stein für »American Glitch« in Social-Media-Kanälen mehr als 2.000 Bilder gesammelt und sich schließlich auf einen besonderen Roadtrip quer durch die USA zu genau diesen Orten gemacht.
Dorthin, wo die angeblichen »Glitches in real life« dokumentiert worden und beweisen wollen, dass wir in einer Simulation leben. Ganz wie in der »Truman Show« oder in der »Matrix«.
Dazu gehören Fake Towns wie das »Boing Wonderland«, das einst gebaut wurde, um die Boing-Fabriken im Zweiten Weltkrieg vor möglichen japanischen Luftangriffen zu verstecken, Nummern, die auf Berge gepinselt, Bilder von Wolken, die sich in Pixel zu zerlegen scheinen oder eine Mars-Forschungsstation in der Wüste von Utah, die hauptsächlich von der Stiftung von Elon Musk finanziert wird. Bei dem Training für eine fiktive Mars-Mission soll es einen Zwischenfall gegeben haben, bei der eine Frau in der Mars-Simulation zurückgelassen wurde.
Neben den Fotografien von Andrea Orejarena und Caleb Stein ist auch das Archiv ihrer recherchierten Desinformationsbilder zu sehen – und darüber hinaus gibt es gleich zwei großartige und komplexe Infografen, oder Wallpaper, wie sie in den Deichtorhallen genannt werden, über Desinformation, über historische Taktiken der Tarnung, Verschleierung und Täuschung, über Politik und ökonomische Interessen, die das Menschmaschine Studio aus Hamburg entworfen hat.
Noch bis zum 26. Januar 2025 läuft die Schau »Tactics and Mythologies« im Phoxxi, Haus der Photographie der Deichtorhallen Hamburg.