Die UX-Branche verändert sich: 19 Thesen für 2025 #experiencecampfire

Am Ende eines Jahres ist es gut, einen Moment innezuhalten und sich gedanklich auf das nächste Jahr vorzubereiten. Deshalb haben wir beim letzten […]

Jan 14, 2025 - 15:08

Am Ende eines Jahres ist es gut, einen Moment innezuhalten und sich gedanklich auf das nächste Jahr vorzubereiten. Deshalb haben wir beim letzten Experience Campfire im Jahr 2024 einen Blick in die Zukunft geworfen. Gemeinsam mit 26 UX Professionals aus verschiedenen Unternehmen haben Tara und ich in 5 Gruppen darüber gesprochen, was UXler:innen und CXler:innen im nächsten Jahr beschäftigen wird.

Aus diesen Themen haben wir 19 Thesen abgeleitet, die ich Dir in diesem Blogbeitrag zusammengefasst habe. Die Liste der Thesen ist nach Relevanz in absteigender Reihenfolge sortiert. Die Relevanz habe ich aus der Häufigkeit der Nennungen abgeleitet.

1. KI-Tools werden UX-Prozesse und UX-Methoden prägen

KI wird die UX-Branche weiter verändern. Ob KI-Personas, automatisierte Mockup-Tools, Generatoren für UI-Design, personalisierte User Interfaces oder Prozessoptimierung: Der effiziente Einsatz von KI kann UX-Prozesse beschleunigen und bei speziellen Aufgaben helfen, wenn er sinnvoll eingesetzt wird. Gleichzeitig bleibt die Aufgabe, den Markt der KI-Tools im Auge zu behalten, relevante KI-Tools auszuprobieren, Hürden für den Einsatz abzubauen und kontinuierlich zu lernen, wie sie die Arbeit der UX-Professionals erleichtern können.

2. Barrierefreiheit wird unverzichtbar

Barrierefreiheit wird 2025 noch wichtiger. Unternehmen müssen für eine inklusive UX sensibilisieren und Accessibility-Standards umsetzen. Dazu müssen Testprozesse und Schulungen für Mitarbeitende etabliert werden. Gesetzliche Vorgaben und Richtlinien müssen übersetzt, kommuniziert und für unternehmensinterne Zwecke anwendbar gemacht werden. Die Integration von barrierefreiem Produktdesign und -implementierung in die Entwicklungsprozesse wird zu einem der Schlüsselthemen im Jahr 2025. UX-Professionals sind bei der Umsetzung von Barrierefreiheit auf die enge Zusammenarbeit mit anderen Jobrollen wie der Softwareentwicklung oder der Qualitätssicherung angewiesen. Letztendlich wird es darum gehen, nicht nur gesetzliche Vorgaben einzuhalten, sondern durch Barrierefreiheit echte Mehrwerte für Kund:innen und Unternehmen zu schaffen.

3. UX-Researcher:innen setzen verstärkt auf quantitative Methoden und Metriken

Der Trend zu datengestützten Entscheidungen wird sich fortsetzen. Data Science gewinnt an Relevanz. UX Researcher:innen erweitern ihr Methodenspektrum durch quantitative Methoden, Metriken und automatisierte Messungen. Unternehmen werden daran arbeiten, eine echte datenbasierte 360°-Sicht auf die Erlebnisse und das Verhalten von Kund:innen und Anwender:innen als Entscheidungsgrundlage zu bekommen. Qualitative Methoden werden nach wie vor eine Rolle spielen. Die Herausforderung, Erkenntnisse verständlich und aussagekräftig zu kommunizieren, wird aufgrund der Natur quantitativer Daten größer.

4. Journeys und Journey Management gewinnen an Bedeutung

Das aktive Management von Journeys wird zur Priorität. Unternehmen müssen ein ganzheitliches Verständnis für Customer & User Journeys entwickeln, Schmerzpunkte identifizieren und Entscheidungen datenbasiert treffen. Journey-Management-Systeme und -Scorecards werden dabei helfen, qualitative Erkenntnisse in pragmatische Ansätze zu übersetzen. Die Nutzung von Journeys für die Steuerung von CX/UX sowie für die Produktentwicklung wird zunehmen.

5. UX-Professionals werden ihren Mehrwert sichtbarer unter Beweis stellen

UX-Professionals müssen weiterhin Überzeugungsarbeit leisten, insbesondere gegenüber dem Produktmanagement und Unternehmensführung. Die Performance und Wirkung von UX-Maßnahmen muss zusätzlich zu den normalen Aufgaben gemessen werden. Es gilt den wirtschaftlichen Nutzen von UX bzw. den Zusammenhang von UX und Wirtschaftlichkeit für das Management sichtbar und greifbar zu machen.

6. Effizienzsteigerung in UX-Prozessen

Aufgrund der wirtschaftlichen Situation stagniert in vielen Unternehmen der Ausbau der UX-Ressourcen oder ist sogar rückläufig. UX Professionals werden den Einsatz von UX Ressourcen (Personal & Budget) auf die relevanten und effektivsten Themen fokussieren müssen. In vielen Unternehmen wird sich die Frage stellen, wie mit den gleichen oder weniger UX-Ressourcen bessere Ergebnisse erzielt werden können. Automatisierung und Standardisierung von UX-Prozessen werden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Auch die Demokratisierung von UX – also die Übernahme von UX-Aktivitäten durch Laien – kann ein größeres Thema werden. Hierbei besteht das große Risiko, dass die damit verbundene unsachgemäße Anwendung von UX-Methoden sowie die schlechtere Ergebnisqualität zu einem nachhaltigen Imageschaden und Bedeutungsverlust für den UX-Bereich führen kann.

7. UX als Teil des Risikomanagements

Die Positionierung von UX als Bestandteil des Risikomanagements könnte vor allem UX-Researcher:innen bei der Etablierung und Effektivität von UX-Maßnahmen helfen. Ein enges Zusammenspiel von UX-Designer:innen und dem Qualitätsmanagement kann positive Effekte auf die Qualität der Produktgestaltung haben. UX-Professionals sollten eine enge Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen aus dem Qualitäts- und Risikomanagement sowie eine Integration von UX in diese Prozesse anstreben, ohne dabei selbst zu Qualitäts- oder Risikomanger:innen zu werden.

8. Wissensmanagement wird für UX-Researcher:innen essenziell

Um vorhandene Erkenntnisse effizient nutzen zu können, werden UX-Professionals Wissensmanagementsysteme etablieren. Research Repositories können helfen, Forschungsergebnisse zugänglich zu machen und verständlich zu kommunizieren. Die Wiederverwendung vorhandener qualitativer und quantitativer Erkenntnisse sowie die Visualisierung bzw. Kommunikation von Erkenntnissen im Unternehmen werden im UX-Research an Bedeutung gewinnen.

9. Aufgaben und Rolle von UX-Professionals verändern sich

Die Professionalisierung von UX, die Überschneidung mit anderen Jobrollen, KI-Tools und die Transformation von Unternehmen verändern das Berufsbild von UX-Professionals. Zum einen wird das Aufgabengebiet für UXler:innen größer und differenzierter. Es ist nur bedingt möglich, dass UXler:innen alle Aufgaben von UX-Research über UX-Design, UX-Writing und Accessibility bis hin zu UX-Managementaufgaben alleine in guter Qualität bewältigen können. Die Spezialisierung und Professionalisierung in UX-Teilbereichen wird weiter voranschreiten und kontinuierliches Lernen von UX-Professionals erfordern.

Zum anderen ist zu beobachten, dass andere Jobrollen, wie z.B. Business Analyst:innen oder Requirements Engineers, UX-Aufgaben übernehmen. Das ist generell begrüßenswert, kann aber auch zu einer Verwässerung der eigentlichen UX-Jobrollen führen. UX-Professionals werden verstärkt darauf achten müssen, dass UX-Aufgaben stets von Personen mit den notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten übernommen werden. Die Gestaltung einer effektiven Zusammenarbeit mit anderen Jobrollen wird an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus verschiebt sich der Fokus des UX-Managements von der Steigerung der UX-Reife hin zur Unterstützung der digitalen Transformation von Unternehmen.

10. Integration von UX in Unternehmensprozesse

Die Integration von UX in Unternehmens- und Entwicklungsprozesse wird auch weiterhin ein Thema für UX-Professionals sein. UXler:innen werden weiter daran arbeiten, die Bedürfnisse von Anwender:innen frühzeitig in die Produktentwicklung zu integrieren, um ganzheitlich attraktive Erlebnisse zu schaffen. Die Integration von UX Research in agile Entwicklungsprozesse wird eine Herausforderung bleiben.

11. UX und Leadership wachsen zusammen

Klassische Management-Thematiken und UX wachsen weiter zusammen. UX-Professionals werden ihre Arbeit stärker an den strategischen Zielen des Unternehmens ausrichten. Dafür werden sie verstärkt auf Management-Methoden, wie z.B. OKR setzen. Die Führung von übergreifenden UX-Themen sowie die Führung von UX in in multidisziplinären Teams wird zunehmend zum Thema von UX-Führungskräften in agilen Arbeitsumfeldern. Darüber hinaus wird eine effektive UX- bzw. CX-Governance erforderlich sein, um zielführende Erlebnisse an den wesentlichen Kunden-Kontaktpunkten sicherzustellen. Governance wird für UXler:innen an Bedeutung gewinnen.

12. Organisatorische Veränderungen nehmen Einfluss auf UX

Auslöser wie Wirtschaftlichkeit, Krisen und Veränderungen in Gesellschaft & Technologie zwingen Unternehmen zu organisatorischen Anpassungen. Diese Veränderungen werden sich auch auf die Arbeit von UX-Professionals auswirken. UXler:innen werden sich mehr mit Organisationsthemen beschäftigen und ihre eigene Organisation sowie Arbeitsweise darauf anpassen müssen. Die Veränderungen können neben den UX-Prozessen auch etablierte Führungsstrukturen betreffen. In einigen Unternehmen werden Führungsaufgaben in Fach- und Personalführung aufgeteilt. Dies wird sich auf die persönliche Entwicklung und die Karrieremöglichkeiten von UX-Professionals auswirken. UX Professionals können sich in solchen Veränderungssituationen als “Partner in der Krise” positionieren, indem sie die Veränderungen aktiv unterstützen.

13. Stakeholder-Management als Kernaufgabe

Gezieltes Stakeholder-Management wird für UXler:innen 2025 an Bedeutung gewinnen. Insbesondere in Unternehmen, die sich in einem Transformationsprozess befinden, ist die Kommunikation und Umgang mit Stakeholdern für UX-Professionals erfolgsentscheidend.

14. Designsysteme als Grundlage für Effizienz und Automatisierung

Für UX-Designer:innen wird die Nutzung, Erstellung und der Betrieb von Designsystemen an Bedeutung gewinnen. Designsysteme bieten durch die Kombination von wiederverwendbaren Komponenten, Designrichtlinien und Designstandards eine gute Grundlage für eine effiziente Produktentwicklung sowie für die Automatisierung des UI-Designs, z.B. durch KI.

15. UX-Professionals werden enger mit Produktmanager:innen arbeiten

Die Zusammenarbeit zwischen UX und Produktmanagement wird entscheidend, insbesondere in der Priorisierung von Themen und der Integration von Kundenfeedback. UX wird verstärkt in das Anforderungsmanagement eingebunden. Die zunehmende Verbreitung von produktzentrierten Ansätzen, wie Product Discovery (Torres) oder das Product Operating Model. (Cagan), wird diese Entwicklung verstärken.

16. Interne UX-Kompetenzen verändern Aufträge für UX-Dienstleister und Freelancer

Da Unternehmen zunehmend eigene UX-Kompetenzen aufbauen, werden Projekte, die an Agenturen oder Freelancer vergeben werden, spezifischer. Der Fokus verschiebt sich auf hochspezialisierte Aufgaben, strategische Beratung und Unterstützung in Transformationsprozessen. Die Akquise von Aufträgen wird für UX-Dienstleister und UX-Freelancer herausfordernd bleiben.

17. UX und CX wachsen weiter zusammen

Die enge Verzahnung von UX und CX wird vorangetrieben, insbesondere durch eine integrative Sicht auf Customer Journeys. UX erweitert sich zunehmend in Richtung CX, wodurch funktionsübergreifende Zusammenarbeit gefördert und erforderlich wird.

18. Berufliche Veränderung für UX-Professionals

Viele UXler:innen werden sich mit neuen beruflichen Perspektiven auseinandersetzen. Die wirtschaftliche Situation erfordert Anpassungsfähigkeit bei der Stellensuche und ein starkes Bewusstsein für Veränderungen in der Branche.

19. UX-Writing wird wichtiger

UX-Writing etabliert sich als Schlüsselkompetenz. Unternehmen erkennen zunehmend den Mehrwert klarer und konsistenter Kommunikation innerhalb digitaler Produkte.

Fazit

Aus meiner Sicht bietet das Jahr 2025 viele Möglichkeiten, die Zukunft der UX-Branche aktiv zu gestalten. Unternehmen werden u.a. auf datenbasierte Ansätze, die Integration von KI und Anpassung ihrer Organisation setzen, um den zahlreichen Veränderungen erfolgreich begegnen zu können. Die damit verbundene Veränderungsprozesse erfordert ein effektives Risikomanagement, zu dem UX Researcher:innen und Journey Manager:innen einen wertvollen Beitrag leisten können. Gleichzeitig entwickeln sich UX-Rollen weiter und erfordern neue Kompetenzen sowie eine klare Positionierung innerhalb der Organisation.

UX-Professionals werden die Möglichkeit haben, durch gezielte Maßnahmen wie z.B. Journey Management, Wissensmanagement, effektive Zusammenarbeit, gezieltes Stakeholder Management und strategisches Vorgehen den Einfluss von UX weiter auszubauen und ihre Unternehmen bei der Bewältigung des Wandels zu unterstützen.

Alles in allem sieht es doch eigentlich gar nicht schlecht aus. In diesem Sinne: Komm gut ins neue Jahr.

Vielen Dank

Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmenden für die spannende Diskussion und an unseren Sponsor cxomni, ohne den dieses Event nicht möglich gewesen wäre.