Frankfurter Tiefenprobleme gegen kompakte Römer – MH

Frankfurt verliert am letzten Spieltag der Europa League Gruppenphase gegen die AS Rom mit 2:0. Insbesondere in der zweiten Halbzeit verteidigten die Römer tief. Die SGE schaffte es aus ihrem Ballbesitz nicht, gefährliche Torchancen herauszuspielen. Eine Aspektanalyse zu den Frankfurter Tiefenproblemen gegen kompakte Römer findet ihr hier. Frankfurt agierte in der zweiten Hälfte in Ballbesitz […]

Feb 2, 2025 - 07:40
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Frankfurter Tiefenprobleme gegen kompakte Römer – MH

Frankfurt verliert am letzten Spieltag der Europa League Gruppenphase gegen die AS Rom mit 2:0. Insbesondere in der zweiten Halbzeit verteidigten die Römer tief. Die SGE schaffte es aus ihrem Ballbesitz nicht, gefährliche Torchancen herauszuspielen. Eine Aspektanalyse zu den Frankfurter Tiefenproblemen gegen kompakte Römer findet ihr hier.

Frankfurt agierte in der zweiten Hälfte in Ballbesitz ausgehend von einem nominellen 4-2-3-1 aus einem 2-3-2-3 mit breiten Außenverteidigern und breiten Flügeln. Während Skhiri als alleiniger Sechser im Aufbau spielte und sich teilweise in die erste Aufbaulinie fallenließ, rückte Larsson in den linken Halbraum auf die Achter Position neben Chaibi.

Rom führte zur Pause mit 1:0 und verteidigte dementsprechend in der zweiten Halbzeit sehr kompakt im Abwehrpressing ab der Mittellinie aus einem 4-4-2. Ließ sich Rom noch weiter fallen, so wurde aus dem 4-4-2 ein enges 5-3-2-0, da Saelemaekers gegen den aufrückenden Außenverteidiger Theate mannorientiert verteidigte.

Rom im Abwehrpressing

Roms Vierer Mittelfeldkette agierte größtenteils mannorientiert. Koné blieb an Larsson dran, weshalb dieser bei Entgegenkommen selten ohne Druck anspielbar wurde. Die Außenspieler Saelemaekers und Pellegrini verteidigten gegen die Außenverteidiger der Frankfurter. Ballfern schoben sie auf den ballfernen Achter drauf, sodass im Zentrum immer Überzahl für Rom entstand. Zudem wurde der zwischen den Ketten spielende Chabi durch Paredes in den Deckungsschatten genommen, sodass der linke Innenverteidiger Ndicka nicht aus der letzten Kette rausrücken musste. Rom kontrollierte dementsprechend das spielentscheidende Zentrum gegen den Ball.

Frankfurter Offensivspiel

Frankfurt variierte zwischen einem zweier und einem dreier Aufbau, indem Skhiri sich phasenweise in die Aufbaukette fallenließ. Dadurch sollten andere Passwege geöffnet werden und der Gegner vor Herausforderungen gestellt werden. Das funktionierte allerdings nicht wirklich, da die äußeren Innenverteidiger die Mittelfeldkette der Römer nicht andribbelten, sobald die beiden anlaufenden Stürmer überspielt wurden. Somit wurde die Mittelfeldkette nicht vor die Herausforderung zwischen Druck ausüben und Deckungsschatten erzeugen gestellt.

Nach Abkippen Skhiris kam Larsson häufig entgegen und ließ sich teilweise zusätzlich auf die rechte Seite fallen, um der Mannorientierung Konés zu entgehen. Koné schob nicht mit auf die Seite, sondern blieb in diesen Situationen raumorientiert. Allerdings verschob der sich im rechten Halbraum zwischen den Ketten befindende Chaibi häufig gegengleich in Richtung des linken Halbraums und wurde zwischen den Ketten nicht anspielbar, sodass Paredes nicht ins Dilemma zwischen Herausschieben auf Larsson und Deckungsschatten erzeugen auf Chaibi gebracht wurde bzw. Ndicka zum Verlassen der letzten Kette gezwungen wurde. In diesen Situationen hätte wohl eine Halbraumüberladung Sinn ergeben, um direkter tief spielen zu können.

Durch das Verschieben Chaibis aus dem rechten Halbraum wird Paredes nicht ins Dilemma gebracht.

Zudem kam es auf anderen Positionen zu Rotationen der Frankfurter. Die Außenverteidiger Frankfurts, Kristensen und Theate, rückten teilweise ins Zentrum ein, um aus der doppelten Breite eine stärkere Zentrumsbesetzung zu erlangen und Rom auch über das Zentrum bespielen zu können. Die Außenspieler Roms verteidigten allerdings immer mannorientiert und liefen dementsprechend mit ins Zentrum.

Dabei verpasste es Frankfurt die nun provozierte 1gg1 Situation auf Außen auszuspielen. Das eigentliche Dilemma bei Abkippbewegungen der Außenverteidiger liegt für die Gegenspieler zwischen Passwegschließen auf den Flügelspieler und zentrale Unterzahl vermeiden. Aufgrund fehlender Dynamik und schlechtem Timing in den einrückenden Läufen der Außenverteidiger sowie fehlenden entgegenkommenden Bewegungen der Flügelspieler und Nicht-Anspiel durch die ballführenden Innenverteidiger waren diese Bewegungen selten zielführend.

Theate schiebt zu früh ins Zentrum, da der Passwinkel auf Knauff noch nicht passt. Bei Verlagern auf den LIV/ ZIV wäre der Passweg auf Knauff aufgegangen, da Saelemaekers mannorientiert ins Zentrum mitschiebt.

Auch gegen die tiefe Organisation von Rom im 5-3-2-0 schaffte es Frankfurt fast nie Torgefahr zu entwickeln. Besonders hier machte sich der Marmoush Abgang bemerkbar sowie das Fehlen der nicht für die Startelf nominierten Spielmacher Uzun und Götze. Frankfurt fehlte ein Plan, um durch abgestimmte Bewegungen in die Tiefe zu kommen. Es fehlte an Spielern, die erfolgreich das 1gg1 suchten, um Spieler auf sich zu ziehen oder zum Torabschluss zu kommen.

Mögliche Frankfurter Lösungen gg. Roms Defensivabläufe

Um das Abwehrpressing von Rom vor Probleme zu stellen, hätte Frankfurt gezielt bestimmte Defensivabläufe des Gegners ausnutzen müssen und Gegenspieler vor Dilemma Situationen stellen müssen.

Um Mannorientierungen bzw. Manndeckungen vor Probleme zu stellen, empfiehlt sich beispielsweise das Spiel über den Dritten. Dieses ist aufgrund der Reaktivität der Gegenspieler sehr schwer zu verteidigen. So hätte Frankfurt die Mannorientierung im gegnerischen Mittelfeld durch bestimmte Staffelungen vor Probleme stellen können, die das Spiel über den Dritten erleichtern. Ein Beispiel wäre das Suchen von Diagonalen nach innen. Aus einer diagonalen Spieler Staffelung (im Relationismus als „Escadinha“ bekannt) kann sowohl das Zentrum gefunden werden, als auch das Spiel über den Dritten in die Tiefe ausgespielt werden. Da Koné auf der ballnahen Seite aggressiv manndeckend gegen Larsson verteidigte, wäre dort die Staffelung besonders effektiv gewesen.

Aus dieser „Escadinha“ Staffelung kann Larsson entgegenkommen, den Ball durchlassen und in die Tiefe starten, um die Ablage Ekitikés zu erhalten. Das Spiel über den Dritten diagonal ins Zentrum ist besonders schwer zu verteidigen.

Spezielle Überladungen hätten das Römer Defensivspiel zusätzlich vor Herausforderungen gestellt. So hätten beispielsweise die im linken und rechten Halbraum agierenden Larsson und Chaibi sich phasenweise in den gleichen Halbraum, aus dem Deckungsschatten lösend, bewegen können. Vor allem Chaibi agierte häufig im Zwischenkettenraum und hatte immer wieder die Möglichkeit, sich aus dem Rücken seines Gegenspielers auf die andere Seite zu lösen. Insbesondere bei Entgegenkommen Larssons, öffnete Koné den Zwischenkettenraum, in den Chaibi hätte reinstarten können. So wäre es möglich gewesen, häufiger unmittelbar vor Roms letzte Kette zu kommen und diese vor Probleme zu stellen.

 

Konés aggressive Manndeckung hätten Larsson und Chaibi durch eine Halbraumüberladung ausnutzen können.

Ein weiteres Problem des Frankfurter Offensivspiels waren fehlende Dribblings, um Gegenspieler zu binden oder nach Überwinden des Gegenspielers Überzahl zu schaffen. Die Innenverteidiger hätten durch dynamisches Andribbeln Gegenspieler binden können und so andere Passoptionen freiziehen können. Mithilfe eines höher mitspielenden Torwarts hätte Frankfurt durch eine hohe Torwartkette die Innenverteidiger noch häufiger in Situationen bringen können, aus denen sie ohne Druck andribbeln hätten können. Das funktioniert natürlich nur mit zeitgleichen Rotationen der ballnahen Mitspieler im angedribbelten Raum.

Außerdem konnte Frankfurt Stürmer Ekitiké kaum ins Spiel einbinden, um die letzte Kette vor Probleme zu stellen. Häufigeres Entgegenkommen hätte entweder die zweite Linie der Römer überladen oder Löcher in die letzte Kette gerissen, welche hätte belaufen werden können. Insbesondere das Tempodefizit Hummels hätte ausgenutzt werden können, wenn Ekitiké diesen aus der Kette herausgezogen hätte.

Mannschaftstaktisch hätte Frankfurt die Mannorientierungen im Mittelfeld der Römer durch das Öffnen des Zwischenkettenraums zwischen Abwehr und Mittelfeld nutzen können. Nach Einrücken der Außenverteidiger hätten sich die Zentrumsspieler der Frankfurter in Richtung der eigenen Aufbaulinie unmittelbar hinter die erste Pressinglinie des Gegners fallenlassen können. Dadurch hätte Frankfurt entweder die erste Pressinglinie einfach überspielen können und dynamisch auf die Mittelfeldkette andribbelnd können oder hätte die Mittelfeldkette herausgelockt und einen großen Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld erzeugt.

Fazit

Rom gewinnt am Ende verdient mit 2:0, auch weil Frankfurt es nicht schaffte, regelmäßig die Tiefe zu attackieren. Frankfurt fällt es in Ballbesitz schwer, das Tempo und den Rhythmus des Spiels zu erhöhen. Das lässt sich vor allem zurückführen auf fehlendes Andribbeln der Aufbauspieler und eine positionelle Spielweise mit Rotationen, welche durch die Art und Weise der Ausführungen die Gegenspieler nicht vor Dilemmata stellte.

Dennoch sollte auch erwähnt werden, dass Frankfurt ihren stärksten 1gg1 Spieler mit Marmoush abgegeben hat und somit logischerweise momentan Probleme damit hat, kompakte Defensiven vor Probleme zu stellen. Auch Linksverteidiger Brown, der gegen Rom nicht eingesetzte werden durfte, wird dem Frankfurter Offensivspiel durch sein gutes Spielverständnis helfen, da ihm die inverse Außenverteidiger Rolle besser liegt als Theate.

Autor: MH ist Fußball-Aficionado von Herzen. Seine Wohnung gleicht einer Fußball-Bibliothek in deren Regalen Bücher über die großen Taktiker von Rinus Michels bis Pep Guardiola stehen. Das Buch von Spielverlagerung.de fehlt hier natürlich nicht. Für MH ist Fußball nicht nur ein Spiel. Es ist ein Lebensgefühl. Auf X ist er unter Mh_sv5 zu finden.