Edelmetalle: Goldhändler fürchten Trump – und verschiffen Bestände in die USA

Aus Angst vor US-Zöllen verlagern Banken und Großhändler tonnenweise Goldbarren aus London in die Tresore der New Yorker Rohstoffbörse. Die Bank of England kann den Ansturm kaum bewältigen

Feb 2, 2025 - 07:58
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Edelmetalle: Goldhändler fürchten Trump – und verschiffen Bestände in die USA

Aus Angst vor US-Zöllen verlagern Banken und Großhändler tonnenweise Goldbarren aus London in die Tresore der New Yorker Rohstoffbörse. Die Bank of England kann den Ansturm kaum bewältigen

Aus Angst vor der Einführung von Importzöllen durch US-Präsident Donald Trump wird seit Wochen massiv physisches Gold aus London in die USA verschifft. Wie die „Financial Times“ berichtet, sind die Tresore der US-Rohstoffbörse Comex in New York inzwischen prall gefüllt. Seit den US-Präsidentschaftswahlen seien weitere 393 Tonnen des Edelmetalls in den Tresoren auf der anderen Seite des Atlantiks eingelagert worden. Insgesamt stiegen die Bestände um fast 75 Prozent auf 926 Tonnen. Das ist der höchste Stand seit August 2022. 

Während sich die Goldkammern in New York füllen, leeren sich die am zentralen Handels- und Lagerplatz in London empfindlich. Um physisches Gold bei der Bank of England (BoE) abzuholen, warten Käufer dem Bericht zufolge inzwischen schon bis zu acht Wochen. „Die Liquidität auf dem Londoner Markt ist gesunken“, zitiert die „FT“ einen Branchenmanager. „Die Leute bekommen kein Gold, weil so viel nach New York verschifft wird.“ Die Zentralbank bestätigte die Wartezeiten nicht.

Laut Reuters handelt es sich bei der in die USA verschifften Goldmenge ausdrücklich um Gold, das sich nicht im Besitz von Zentralbanken befindet. Die BoE lagert Gold auch für Drittparteien ein, wie etwa Geldinstitute oder andere Zentralbanken. London und New York sind die beiden wichtigsten Handelsplätze weltweit. Der Großteil des physischen Handels findet in Großbritannien statt, während der Terminmarkt in den USA angesiedelt ist.

Wie lege ich 1 Mio. Euro an?

Der Goldpreis ist seit den US-Wahlen deutlich gestiegen. Das Edelmetall stieg zuletzt auf ein neues Rekordhoch von 2800,99 Dollar je Feinunze. Der Londoner Vermögensverwalter Bullionvault geht davon aus, dass der Engpass in London für einen weiteren Schub nach oben gesorgt hat. 

Countdown läuft: 1. Februar ist Zoll-Tag

Hinter der Verlagerung der Goldbarren von London nach New York steht die Befürchtung, dass Trump bereits morgen Handelszölle von mindestens zehn Prozent auf alle Waren verhängt. Davon wären auch Rohstoffe betroffen. Gold wurde von Trump zwar nie explizit erwähnt. Die Angst hält sich aber hartnäckig. 

Sicher ist bisher nur, dass Kanada und Mexiko in der Nacht von Freitag auf Samstag mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent belegt werden. Zölle gegen China sowie weitere BRICS-Staaten könnten folgen. Hier bleibt das Warten vorerst angespannt. Unter den Teilnehmern am Goldmarkt herrsche „ein gewisses Gedränge“, um sich im Vorfeld abzusichern, zitiert die „FT“ Michael Haigh, Leiter des Rohstoff-Research bei der Société Générale.

NL Die Woche

Marktteilnehmern zufolge könnten die Goldströme in die USA sogar noch größer sein, als es die Comex-Zahlen ausweisen. Vermutet werden auch Goldlieferungen in die Tresore der britischen Großbank HSBC sowie der US-Bank JP Morgan, die in New York private, nicht meldepflichtige Tresore unterhalten. Die Banken bestätigten dies gegenüber der „FT“ allerdings nicht. Dass Goldbestände im großen Stil auf Reisen gehen, hat einen praktischen Grund. Bei bestimmten Terminkontrakten – etwa den Comex Gold Futures – muss eine physische Auslieferung des Goldes möglich sein. Zölle sollen bei der Auslieferung möglichst umgangen werden. 

Warum der Goldpreis steigt

Die Zahlen der Comex belegen, dass die Mengen, die von London nach New York verschifft wurden, Anfang Dezember sprunghaft angestiegen sind, also nachdem Trump die Wahlen zum Weißen Haus 2024 gewonnen hatte. Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Verlagerung nach New York und dem Goldpreis gibt, sieht Gold-Experte Marco Herrmann aber nicht. „Gold von London nach New York zu 'verschieben' ist keine zusätzliche Nachfrage“, sagt er im Gespräch mit ntv.de. Die Zollängste hätten bestenfalls einen „marginalen Einfluss auf die Preisentwicklung“.

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Wichtiger sei für die Preisentwicklung, dass Gold seit jeher als Krisenwährung oder „sicherer Hafen“ gelte. Die Marke von 3000 Dollar sieht Fiduka-Experte Herrmann nur als „Zwischenziel“ auf dem Weg nach oben, wie er ntv.de sagt. Als Gründe nennt er die hohe Staatsverschuldung sowie die Goldkäufe der Zentralbanken, die ihre Währungsreserven nicht erhöhen wollten. Es gebe wenig Alternativen zu Gold. „Irgendwo muss das Geld ja hin.“

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.