Plattenkritik: U.e. – Hometown Girl (28912) - In aller Stille und doch so laut

Es gibt Songs, die passen in jede Zeit. Und einige, die noch besser passen. Auf „Hometown Girl“ versammelt Ulla Straus zwölf aus genau dieser Kategorie. Es fühlt sich an, als wäre Jahr schon wieder vorbei. Eine wirkliche Chance, überhaupt zu beginnen, hatte 2025 nicht. Es kippt sich kopfüber und voller Verzweiflung in das viel zu warme Meer. Ohne einen Blick zurück, ohne einen Blick voraus. Es geht nach unten. So hoffnungslos sich die Weltlage gerade zeigt, so hoffnungsvoll nimmt Ulla Straus – hier erstmals mit neuem Pseudonym „U.e.“ – die Herausforderung an, dem etwas entgegenzusetzen. So jedenfalls höre ich das neue Album. Die zwölf Songs sind so leer, so weit weg, dass die aufzuwendende Konzentration, das aufzuspüren, was hier so gut versteckt scheint, neue, wichtige und dringlich benötigte Horizonte eröffnet, das eigene Taumeln in ein Aufbäumen transformiert. Die verrauschte Unschärfe, die Ulla hier ausrollt und die so klingt, als wären die weltweiten Filz-Vorräte dafür verwendet worden, ein Schwimmbad erst klanglich auszutrocknen und dann nur mit den verbleibenden Resonanzen der akustischen Instrumente zu arbeiten, verströmt eine Atmosphäre, der man nie ganz vertraut, aber doch unter allen Umständen in sich aufsaugen möchte. Das ist nicht mysteriös, sondern verführerisch. Man möchte alles erfahren, jede Sekunde wieder und wieder erleben und hören. Mit quantitativ minimalstem Einsatz sind hier Entwürfe entstanden, die vielleicht gar nicht mehr sein wollen. Anstöße für das, was eben gerade angestoßen werden muss. Und die nur in absoluter Abgeschiedenheit entschieden werden können. In einer Stille, die die getupften Akkorde, die wenigen Vocals und den Rest auf Händen trägt. Wenn 2025 nun wirklich schon wieder vorbei ist: Es kann auf zwölf der besten Songs zurückblicken, die jemals geschrieben, aufgenommen und produziert wurden. Hometown Girl by U.e.

Jan 24, 2025 - 14:43
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Plattenkritik: U.e. – Hometown Girl (28912) - In aller Stille und doch so laut
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Es gibt Songs, die passen in jede Zeit. Und einige, die noch besser passen. Auf „Hometown Girl“ versammelt Ulla Straus zwölf aus genau dieser Kategorie.

Es fühlt sich an, als wäre Jahr schon wieder vorbei. Eine wirkliche Chance, überhaupt zu beginnen, hatte 2025 nicht. Es kippt sich kopfüber und voller Verzweiflung in das viel zu warme Meer. Ohne einen Blick zurück, ohne einen Blick voraus. Es geht nach unten.

So hoffnungslos sich die Weltlage gerade zeigt, so hoffnungsvoll nimmt Ulla Straus – hier erstmals mit neuem Pseudonym „U.e.“ – die Herausforderung an, dem etwas entgegenzusetzen. So jedenfalls höre ich das neue Album. Die zwölf Songs sind so leer, so weit weg, dass die aufzuwendende Konzentration, das aufzuspüren, was hier so gut versteckt scheint, neue, wichtige und dringlich benötigte Horizonte eröffnet, das eigene Taumeln in ein Aufbäumen transformiert.

Die verrauschte Unschärfe, die Ulla hier ausrollt und die so klingt, als wären die weltweiten Filz-Vorräte dafür verwendet worden, ein Schwimmbad erst klanglich auszutrocknen und dann nur mit den verbleibenden Resonanzen der akustischen Instrumente zu arbeiten, verströmt eine Atmosphäre, der man nie ganz vertraut, aber doch unter allen Umständen in sich aufsaugen möchte. Das ist nicht mysteriös, sondern verführerisch. Man möchte alles erfahren, jede Sekunde wieder und wieder erleben und hören. Mit quantitativ minimalstem Einsatz sind hier Entwürfe entstanden, die vielleicht gar nicht mehr sein wollen. Anstöße für das, was eben gerade angestoßen werden muss. Und die nur in absoluter Abgeschiedenheit entschieden werden können. In einer Stille, die die getupften Akkorde, die wenigen Vocals und den Rest auf Händen trägt.

Wenn 2025 nun wirklich schon wieder vorbei ist: Es kann auf zwölf der besten Songs zurückblicken, die jemals geschrieben, aufgenommen und produziert wurden.

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