Fusionsreaktor: 1000 Sekunden Kernschmelze – Chinas "künstliche Sonne" stellt Weltrekord auf

Bei einem Test in China wurden fast 18 Minuten lang Bedingungen wie auf der Sonne erzeugt. Nun können Forscher die Abläufe eines echten Fusionskraftwerks in der Anlage simulieren.

Jan 23, 2025 - 09:00
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Fusionsreaktor: 1000 Sekunden Kernschmelze – Chinas "künstliche Sonne" stellt Weltrekord auf

Bei einem Test in China wurden fast 18 Minuten lang Bedingungen wie auf der Sonne erzeugt. Nun können Forscher die Abläufe eines echten Fusionskraftwerks in der Anlage simulieren.

China baut nicht nur neue Kernkraftwerke in Rekordzeit, sondern arbeitet auch an einer "künstlichen Sonne" – einem Fusionsreaktor. In der East-Anlage (Experimental Advanced Superconducting Tokamak) in der Stadt Hefei im Osten des Landes werden Bedingungen ähnlich denen auf der Oberfläche der Sonne erzeugt, um Wasserstoffatome zum Verschmelzen zu bringen. In dieser Woche wurde ein neuer Weltrekord aufgestellt. 1066 Sekunden lang wurde das Gemisch aus Atomkernen und Elektronen – das Plasma – erzeugt und in Bewegung gehalten. Das sind immerhin fast 18 Minuten.

Die Dauer von 1000 Sekunden gilt als wichtiger Schritt in der Fusionsforschung. "Fusionsreaktionen müssen Tausende von Sekunden dauern, um sich selbst aufrechtzuerhalten. Der jüngste Rekord ist das erste Mal, dass die Menschheit die Bedingungen simuliert hat, die für den Betrieb von Fusionsreaktoren in einem Versuchsaufbau erforderlich sind", sagte Song Yuntao, Direktor des Instituts für Plasmaphysik, der Nachrichtenagentur Xinhua. Der Durchbruch, der dem Institut für Plasmaphysik gelang, übertrifft den bisherigen Weltrekord von 403 Sekunden, der ebenfalls von East im Jahr 2023 aufgestellt wurde.WISSEN Zaren Bombe

Was ist Fusionstechnik? 

Fusionsreaktoren gehören zur Kerntechnik und doch arbeiten sie gänzlich anders als die bisher gebauten Reaktoren, die auf Brennstäbe mit Uran angewiesen sind. In einem Fusionsreaktor wird Energie wie auf der Sonne entfesselt. Unter bestimmten Bedingungen – sehr hohe Hitze und sehr hoher Druck – verschmelzen zwei Wasserstoffatome zu einem Heliumatom. Bei diesem Prozess wird Energie frei.

Wenn es gelingt, den Prozess zu beherrschen, könnten derartige Reaktoren unendlich viel Energie ohne negative Klimafolgen liefern. Wasserstoff ist gemessen am Bedarf der Reaktoren in unendlicher Menge vorhanden. Hinzu kommt, dass es das Problem der strahlenden Altlasten nicht in dem Maße gibt wie bei Reaktoren, die mit Uran arbeiten. Weiteres Plus: Es kann keinen Unfall wie bei einer Kernspaltung geben. Zur Fusion kommt es nur unter bestimmten Bedingungen, die aufwendig hergestellt werden müssen. Bei einer Panne bricht die künstliche "Sonnen-Zone" zusammen und die Verschmelzung stoppt.Fusion Z 17.19

Klassischer Aufbau als Tokamak

Die East-Anlage wie auch der Forschungsreaktor Iter, der in Frankreich gebaut wird, folgt dem klassischen Konzept eines Tokamak-Aufbaus. Hier versucht man in einem donutförmigen Ring eine kontinuierliche Verschmelzung wie in der Sonne herzustellen. Nur muss in den Reaktoren die Temperatur des Plasmas weit höher sein als auf der Sonne, da man auf der Erde keinen vergleichbaren Druck aufbauen kann; die Hitze muss diesen Mangel ausgleichen. Das Grundprinzip der Tokamaks wurde Anfang der 1950er-Jahre von sowjetischen Wissenschaftlern erdacht. Doch so genial ihre Vision war, zeigte sich, dass der Weg dorthin in der Praxis äußerst steinig war und erst jetzt, nach 70 Jahren, gibt es eine Chance, dass diese Reaktoren dauerhaft arbeiten können.

Im Dezember 2020 wurde die aktuelle, verbesserte Version des Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) in Betrieb genommen. Der Reaktor wurde so konzipiert, dass seine Heizleistung schrittweise ausgebaut werden kann. Eine weitere Besonderheit sind seine supraleitenden Spulen. Durch ihren Einsatz wird es erst möglich, das Plasma in dem Ring zu bändigen. Diese Zeiten sind so wichtig, weil es sehr schwer ist, den Strom des Plasmas im Zustand einer Fusion stabil in dem Donut-Ring kreisen zu lassen. Kugel Fusion 7.25

China will weltweit ersten Demonstrator bauen

Aber erst eine langandauernde Fusion führt zu einem echten Reaktor – also einer Anlage, die mehr Energie produziert, als sie selbst zum Betrieb benötigt. Mehr als 1000 Sekunden sind bereits "sehr lang", nun soll es möglich sein, in dem Versuchsaufbau die Bedingungen eines echten Fusionskraftwerks zu simulieren. Gong Xianzu, der Chefphysiker des East-Projektes, sagte gegenüber Xinhua, dass die Forscher die Stabilität des Heizsystems, die Genauigkeit des Kontrollsystems und die Präzision des Diagnosesystems verbessert hätten. Es wird erwartet, dass die Arbeitszeiten von East weiter gesteigert werden. In Peking ist man hoffnungsvoll. Laut Xinhua will man das weltweit erste Demonstrations-Fusionskraftwerk bauen. Ein Demonstrator wäre ein richtiges Fusionskraftwerk in kleinem Maßstab.

Quellen:SCMP, Xinhua

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