Steuern: Was bleibt von der globalen Mindeststeuer nach Trumps Absage?

Donald Trump hat sich vom Abkommen über die globale Mindeststeuer verabschiedet. Steht die Steuerreform, die internationale Steuerflucht einhegen sollte, nun vor dem Aus? Die Bundesregierung hat noch Hoffnung

Jan 24, 2025 - 09:19
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Steuern: Was bleibt von der globalen Mindeststeuer nach Trumps Absage?

Donald Trump hat sich vom Abkommen über die globale Mindeststeuer verabschiedet. Steht die Steuerreform, die internationale Steuerflucht einhegen sollte, nun vor dem Aus? Die Bundesregierung hat noch Hoffnung

Gerade vereidigt, da fährt Donald Trump Bundeskanzler Olaf Scholz auch schon so richtig in die Parade: Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit hat der US-Präsident die globale Mindeststeuer für nichtig erklärt. In einem Memorandum stellt Trump klar, dass das globale Steuerabkommen „in den Vereinigten Staaten weder Kraft noch Wirkung hat“.

Darüber hinaus müssten Länder, die US-Unternehmen mit dieser oder einer vergleichbaren Steuer belasten, mit „Schutzmaßnahmen“ rechnen. Diese Warnung ist vor allem an Deutschland gerichtet: Die globale Mindeststeuer ist ein Herzensprojekt von Kanzler Olaf Scholz. 2021 hatte er – damals noch Bundesfinanzminister – das Abkommen beim G20-Treffen der Finanzministerinnen und Finanzminister in Venedig ausgehandelt. Doch was bleibt nach Trumps Absage von dem Projekt übrig, das die SPD als „historische Steuerrevolution“ und „Meilenstein für weltweite Steuergerechtigkeit“ feiert? 

Schlupflöcher für globale Unternehmen stopfen

Ziel der Mindestbesteuerung ist, dass international agierende Konzerne ihre Gewinne nicht mehr in Steueroasen verstecken können – überall soll eine Steuer in Höhe von 15 Prozent greifen. Das sollte alle global tätigen Unternehmen mit mehr als 750 Mio. Euro Jahresumsatz betreffen, unabhängig davon, wo auf der Welt sie ihre Gewinne erwirtschaften.

Unter dem Dach der Industrieländerorganisation OECD und der G20-Gruppe hatten sich dem Abkommen zwischenzeitlich 141 Staaten angeschlossen. Deutschland, Frankreich, andere Länder der Europäischen Union sowie Großbritannien stecken schon mitten in der Umsetzung der globalen Mindeststeuer: Zum Beispiel sind Unternehmen mit Sitz in Deutschland erstmals für das Wirtschaftsjahr 2024 dazu verpflichtet, entsprechende Meldungen abzugeben.

22-01-2025 Stargate

Anders in den Vereinigten Staaten: Dort wurde das Abkommen zwar unterzeichnet, doch der US-Kongress hat bis heute keine Maßnahmen beschlossen, um das dortige Steuerrecht der globalen Mindeststeuer anzupassen. In den USA gilt aktuell eine globale Mindeststeuer von etwa 10 Prozent, die Trump als Teil seines Steuersenkungspakets 2017 eingeführt hat.

USA drohen mit Schutzmaßnahmen

Dass die USA doch noch bei der globalen Mindeststeuer mitmachen werden, ist nach Trumps Absage mehr als unwahrscheinlich. In der Mitteilung über den US-Ausstieg hieß es, das globale Steuerabkommen ermögliche eine exterritoriale Gerichtsbarkeit über amerikanisches Einkommen. Außerdem schränke es die Fähigkeit der USA ein, eine Steuerpolitik zu betreiben, die den Interessen amerikanischer Unternehmen und Arbeitnehmer diene.

Aber: Länder, die die globale Mindeststeuer von 15 Prozent bereits eingeführt haben, könnten künftig eine „Zusatzsteuer“ von US-Unternehmen erheben, die einen niedrigeren Steuersatz zahlen. In Trumps Memorandum werden solche Maßnahmen als „Vergeltungsmaßnahmen“ bezeichnet.

Gegen Länder und ihre Steuervorschriften, die amerikanische Unternehmen unverhältnismäßig stark beeinträchtigen, soll das US-Finanzministerium nun Optionen für „Schutzmaßnahmen“ ausarbeiten. Dieser Aufgabe wird sich wahrscheinlich Scott Bessent annehmen. Trump hat den früheren Hedgefonds-Manager als Finanzminister nominiert. Bessent erklärte vorige Woche bereits, es wäre ein „großer Fehler“, das globale Mindeststeuerabkommen umzusetzen.

Essay USA

Der Senat muss die neue Rolle des 62-Jährigen noch bestätigen. Frisch im Amt, wird er sich sputen müssen: Trump hat angeordnet, dass das Finanzministerium ihm innerhalb von 60 Tagen Empfehlungen vorlegen muss, wie die von ihm angekündigten „Schutzmaßnahmen“ aussehen könnten – es bleibt also unklar, welches Ungemach droht.

Mindeststeuer-Absage: Deutschland zeigt sich gelassen

Die Bundesregierung scheint davon wenig beeindruckt. Sie nimmt das Memorandum zur Kenntnis, wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF) auf Anfrage von Capital mitteilt. Zunächst handele es sich schließlich um eine Anweisung des US-Präsidenten an den US-Finanzminister, die auf die Durchführung einer internen Prüfung und Vorlage von Empfehlungen gerichtet sei. „Die weiteren Entwicklungen und die Ergebnisse der angekündigten Prüfung auf US-Seite bleiben abzuwarten“, so der Sprecher.

NL Die WocheDas BMF verweist darüber hinaus auf die OECD: Generalsekretär Mathias Cormann hat angekündigt, die Arbeiten mit den USA und allen beteiligten Staaten fortzusetzen. Dem schließt sich die Bundesregierung an. Man setze sich auch weiterhin „mit Nachdruck konstruktiv für die Gewährleistung einer fairen internationalen Zuweisung von Besteuerungsrechten ein, die aggressive Steuergestaltungen unterbindet und der Fragmentierung der internationalen Steuerrechtslandschaft entgegenwirkt“. 

Dazu sollen auch Gespräche mit der neuen US-Regierung beitragen. Eine Regierungssprecherin sagte in Berlin, es gehe darum, grundsätzlich besser zu verstehen, was die USA wollten. Man hoffe, dass man sich wieder annähern könne. Auch die Europäische Kommission habe betont, dass sie jetzt zunächst einmal in einen Dialog mit den USA gehen wolle. 

Es sei nicht wünschenswert, dass die USA sich aus dem Abkommen verabschieden. Die globale Mindeststeuer sei ein wichtiges Anliegen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Man werde auf jeden Fall an diesem Konzept festhalten und versuchen, es auch weiterhin möglichst breit zu verankern, sagte die Sprecherin. 

Das ist kaum überraschend. Die Bundesregierung hat kaum eine andere Option, als an dem Abkommen festzuhalten: Bei der globalen Mindeststeuer handelt es sich doch um geltendes EU-Recht. Und davon könnte man nur mit Zustimmung der anderen 26 Mitgliedsstaaten abkehren.

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