Hypothesen für den Handel 2024 – wir ziehen Bilanz

Das alte Jahr neigt sich dem Ende zu und mit ihm ein ereignisreiches im Schweizer Handel. Die letzten Tage vor Jahreswechsel nutzen wir, um einen Blick zurück zu werfen: Das neue Jahr haben wir mit unseren «Hypothesen für den Handel 2024» eröffnet. Mit welchen Hypothesen lagen wir richtig und mit welchen daneben? Wir ziehen Bilanz. Der Beitrag Hypothesen für den Handel 2024 – wir ziehen Bilanz erschien zuerst auf Carpathia: E-Business, E-Commerce, Cross-/Omni-Channel, Digital-Transformation Blog.

Jan 26, 2025 - 14:44
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Hypothesen für den Handel 2024 – wir ziehen Bilanz

Das alte Jahr neigt sich dem Ende zu und mit ihm ein ereignisreiches im Schweizer Handel. Die letzten Tage vor Jahreswechsel nutzen wir, um einen Blick zurück zu werfen: Das Jahr haben wir mit unseren «Hypothesen für den Handel 2024» eröffnet. Mit welchen dieser Hypothesen lagen wir richtig und mit welchen daneben? Wir ziehen Bilanz.

Wir haben prognostiziert, dass der Schweizer Onlinehandel auch im Jahr 2024 wieder leicht wachsen kann. Die Zahlen liegen aktuell noch nicht vor, doch aufgrund unterjährig publizierter Zahlen und Rückmeldungen vom Markt, gehen wir davon aus, dass diese Hypothese bestätigt werden kann; wenn auch vermutlich mit einem sehr leichten Wachstum noch unter den von uns prognostizierten 5%.

Flächen-Umbau bei Elektronik-Händlern in vollem Gange

Wir gingen von einer Flächenreduktion bei den Elektronikhändlern aus und dass Digitec Galaxus den Mitbewerbern davonzieht. Der zweite Teil der Hypothese scheint bestätigt: Erst Mitte Dezember berichtete der Migros-Chef den Medien von einem «rasanten Wachstum» im zweistelligen Prozentbereich bei Digitec Galaxus.

Auch der erste Teil der Hypothese kann so bestätigt werden, wenn auch die Aussage über die Flächenreduktion nicht auf alle Händler gleich zutrifft: Melectronics ist inzwischen ganz verschwunden, MediaMarkt hat 20 (von total 37) Melectronics-Standorte übernommen und damit gar an Filialen zugelegt. Per Ende 2024 zählt MediaMarkt 44 Märkte, darunter 19 im kompakten Xpress-Format.

MediaMarkt am Limmatplatz. Nur noch das Foto von einem Google-User zeugt von der Zeit, als dies noch eine Melectronics Filiale war. – Quelle: Screenshot von Google Maps.

Die Umstrukturierung der Filialen bleibt auch im neuen Jahr ein Thema. MediaMarkt schreibt auf Anfrage: «Unabhängig von der Melectronics-Übernahme sind wir dabei, ein neues Store-Konzept in unseren bestehenden Märkten einzuführen. Das geht in Teilen auch mit Flächenoptimierungen einher. Ziel ist es, unsere Läden moderner und wertiger zu gestalten, um wieder mehr Menschen in die Filialen zu bringen.»

Coop wollte auf Anfrage nicht mitteilen, ob in diesem Jahr Filialen von Interdiscount oder Fust geschlossen wurden. Die Entwicklung des Verkaufsstellennetzes der Fachformate werde erst anlässlich der Präsentation des Jahresergebnisses im Februar bekanntgegeben, heisst es seitens des Mediensprechers.

Und weiter: «Interdiscount ist erfolgreich auf Kurs. Mit der Umsatzentwicklung der neu umgebauten Verkaufsstellen sind wir zufrieden. Die Marktanteile sind steigend, die Performance im stationären Handel ist gut. Interdiscount.ch zeigt ein starkes Wachstum. Bis Ende November wurden insgesamt 29 Filialen im neuen Ladenbaukonzept umgebaut. In den nächsten zwei Jahren sollen jeweils ungefähr 25 weitere Filialen umgebaut werden. Auch Fust / Nettoshop zeigen eine positive Unternehmensentwicklung. Fust wird ab nächstem Jahr auch mit einem neuen Ladenkonzept die Modernisierung der Verkaufsstellen vorantreiben.»

Aus für Fachmärkte und schon fast alle übernommen

Dass es bei den Migros-Fachmärkten irgendwann rumpeln wird, war nur eine Frage der Zeit. Mit dem neuen Migros-Chef Mario Irminger war diese Zeit heuer gekommen: Wir hatten vorausgesagt, dass nicht alle Marken der Fachmärkte weiter bestehen würden. Und tatsächlich: Im Februar teilte die Migros mit, dass sie Melectronics und SportX (sowie Hotelplan und Mibelle) verkaufen wird.

Im Juni folgte der zweite Paukenschlag mit der Meldung, dass auch für die anderen Fachmärkte, Micasa, Do it + Garden sowie Bike World neue Eigentümer gesucht werden. In derselben Mitteilung wurde bekannt, dass MediaMarkt einen Teil der Melectronics-Filialen übernehmen wird. Inzwischen wissen wir: Sport X geht an Ochsner Sport, Bike World an Thömus. Für Micasa und Do it + Garden wird noch gesucht. Für Micasa sollte noch vor Jahresende eine Lösung gefunden sein, bislang gab es aber noch keine News dazu, für Do it + Garden hätten vier Kandidaten Interesse bekundet: Mit Obi und Bauhaus zwei Mitbewerber, die weiter ausbauen wollen, und mit Rossmann und Action zwei Branchenfremde, die ebenfalls an den Standorten interessiert sind.

Amazon bemüht sich weiterhin um die Schweiz, aber ohne Offensive

Die Hypothese, dass Amazon die Präsenz in der Schweiz verstärkt, können wir so nicht bestätigen: Zwar lässt Amazon durchscheinen, dass man sich um die Schweizer Kundschaft bemüht. Davon zeugen einerseits mehrere «Schweiz-Beiträge» im Corporate Blog, wie etwa dieser hier.

Andererseits bietet Amazon mit 300 Millionen Produkten Herr und Frau Schweizer ein grosses Sortiment an. Diese Anzahl sei aber gegenüber dem letzten Jahr unverändert, schreibt die Medienstelle auf Anfrage. Trotzdem spannend: Mehr als 2 Millionen Produkte kommen von mehr als 900 unabhängigen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus der Schweiz, die ihre eigenen Produkte über Amazon auch ins Ausland verkaufen.

In der «Schweizer Ecke» von Amazon können typische Schweizer Marken, wie Victorinox, Calida, Sigg oder Weleda gekauft werden. — Quelle: Screenshot amazon.de

Schliessungen nicht nur im klassischen Versandhandel

«Die Schliessungen im klassischen Versandhandel gehen weiter», hatten wir vorausgesagt. Tatsächlich trat im Juli mit Vedia ein solcher Fall ein: Die Marke aus der Westschweiz wurde von Mitbewerber Lehner Versand übernommen. Als deutsche Versandhändler zu nennen, die es folglich auch nicht mehr in der Schweiz gibt, sind: Westfalia und Madeleine.

Zwar keine klassischen Versandhändler, aber dennoch von Schliessungen betroffen, waren Weltbild und Esprit. Des Weiteren mussten in diesem Jahr leider viele kleinere Händler und reine Onlineshops schliessen, wie etwa: Circle Shop, Adretto, Littlehipstar oder oioioi.

Von TikTok Shops über KI bis hin zu QuickCommerce

Weitere Hypothesen stellten wir zu Social Commerce, KI und QuickCommerce auf:

Entgegen unserer Erwartungen (und auch teilweiser unterjähriger Behauptungen zum Thema Social Commerce, welche dies fälschlicherweise andeuteten) ist Social Commerce im Sinne von «Shoppen direkt in den Social Media Plattformen» noch nicht in der Schweiz angekommen und liegt auch nicht mehr so nahe: TikTok Shops hätte im Sommer in Deutschland starten sollen, hat den Go-Live aber zurückgezogen und startete Anfang Dezember in Spanien und Irland.

Auch mit der Hypothese, dass KI Einzug in die Suchfunktion der grossen Schweizer Onlinehändler hält, lagen wir falsch. Mehr dazu in diesem Beitrag von Martin Egli.

Was Quick-Commerce angeht, tippten wir wiederum richtig: Stash ist weg, von Alfies «geschluckt» (wir berichteten), der sich seinerseits nicht als Quick-Commerce-Anbieter positioniert.

Temu und Shein weiter auf Vormarsch – wie lange noch?

Shein und vor allem Temu bearbeiteten den Schweizer Markt in diesem Jahr tatsächlich weiter. Besonders Temu war und ist weiterhin in den Medien stark präsent und konnte in diesem Jahr nochmal stark wachsen – wir gehen von einer Verdoppelung der Umsätze im Vergleich zum Vorjahr aus. Wie viel davon, wie in unserer Hypothese vermutet, aus dem B2B-Geschäft generiert wurde, konnten wir nicht feststellen. Ob Temu im neuen Jahr so dynamisch weiterwachsen kann?

Die Frage lassen wir offen. In diesem Beitrag schauen wir schliesslich zurück. Nach vorne blicken wir dann, wenn wir wieder unsere Hypothesen fürs neue Jahr veröffentlichen. Deshalb: Bleiben Sie auch im Jahr 2025 dran und abonnieren Sie am besten hier unseren wöchentlichen Newsletter, um nichts zu verpassen


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