Darf meine Adresse für Wahlwerbung genutzt werden?

Ampel-Aus, Wahlwerbung raus? Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür – Stichtag ist der 23. Februar. Zeit genug für die Parteien noch ordentlich Werbung zu betreiben. Doch woher stammen die Adressen und ist die Nutzung dieser Daten für Wahlwerbung überhaupt erlaubt? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Dieser Beitrag gibt einen Überblick aus Sicht des Datenschutzes und […]

Jan 14, 2025 - 15:05
Darf meine Adresse für Wahlwerbung genutzt werden?

Ampel-Aus, Wahlwerbung raus? Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür – Stichtag ist der 23. Februar. Zeit genug für die Parteien noch ordentlich Werbung zu betreiben. Doch woher stammen die Adressen und ist die Nutzung dieser Daten für Wahlwerbung überhaupt erlaubt? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Dieser Beitrag gibt einen Überblick aus Sicht des Datenschutzes und zeigt Handlungsmöglichkeiten für Bürger:innen.

Politische Parteien: Eine datenschutzrechtliche Ausnahme

Die Daten, die politische Parteien für Wahlwerbung nutzen könnten, stammen aus dem Melderegister. Die Weitergabe dieser Daten an besagte Parteien im Vorfeld von Wahlen wirft aber datenschutzrechtliche Fragen auf. Immerhin stellt die Übermittlung von im Melderegister geführten Daten zu Wahlwerbezwecken einen nicht unerheblichen Eingriff in das Informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 1 Abs. 1 GG dar. Während die Weitergabe an Privatpersonen oder Unternehmen grundsätzlich verboten ist (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) und damit eine Einwilligung im Sinne der Art. 4 Nr. 11, 6 Abs. 1 S. 1 lit. a, 7 DSGVO benötigt wird, existiert für politische Parteien eine gesetzliche Ausnahme. Diese Ausnahme beruht auf ihrer besonderen Rolle im demokratischen Gefüge, wie sie im Grundgesetz verankert ist, vgl. Art. 21 Abs. 1 GG.

§ 50 Abs. 1 Bundesmeldegesetz

Das Bundesmeldegesetz regelt die Pflicht der Bürger, sich hinsichtlich ihrer Wohnung bei der zuständigen Behörde ihrer Gemeinde anzumelden. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) bezeichnet das Meldewesen sogar als das „informationelle Rückgrat der öffentlichen Verwaltung“ und nennt hierbei als Beispiel die Vorbereitung für Wahlen und Abstimmungen.

Daher findet sich in diesem Gesetz auch ein Abschnitt zu Auskünften „in besonderen Fällen“, s. § 50 BMG. In dessen Abs. 1 S. 1 heißt es:

„Die Meldebehörde darf Parteien […] im Zusammenhang mit Wahlen […] in den sechs der Wahl […] vorangehenden Monaten Auskunft aus dem Melderegister […] erteilen […].“

Diese Regelung dient alleine dem „Werbezweck von persönlich gehaltenen Wahlwerbebriefen“ und damit, die Wählenden gezielt anzusprechen.

Welche Daten sind genau betroffen?

§ 50 Abs. 1 S. 1 BMG verweist hinsichtlich der zu beauskunftenden Daten auf § 44 Abs. 1 S. 1 BMG. Hiernach können der Familienname, der Vorname, ein etwaiger Doktorgrad, die derzeitige Anschrift und, sofern die Person nicht mehr lebt, dieser Status mitgeteilt werden. Zugleich nimmt § 50 Abs. 1 S. 2 BMG das Geburtsdatum vom Beauskunften explizit heraus. Wie passt das zusammen, da § 44 Abs. 1 S. 1 BMG das Geburtsdatum sowieso nicht auflistet? In der Gesetzbegründung findet sich hierzu keine nähere Erläuterung. Vermutlich soll lediglich – und nicht erst über den Verweis zum § 44 BMG – an dieser Stelle nochmals verdeutlicht werden, dass zwar das Alter der Wahlberechtigten ein entscheidendes Kriterium für die anfragende Partei darstellen muss, vgl. den Nebensatz von § 50 Abs. 1 S. 1 „soweit für deren Zusammensetzung das Lebensalter bestimmend ist“, dieses jedoch nicht mit beauskunftet werden darf. Zweck des Nebensatzes ist es also, dass Parteien nicht pauschal die Daten aller Wahlberechtigten anfordern dürfen, sondern klar die Altersgruppe definieren müssen.

Wie und wie lange dürfen die Parteien die Daten verwenden?

Die Parteien dürfen die entsprechenden Melderegisterdaten nur für den Zweck der Wahlwerbung verwenden, s. § 50 Abs. 1 S. 3 BMG. Im Übrigen haben sie aus der gleichen Bestimmung heraus diese Daten spätestens einen Monat nach der Wahl wieder zu löschen. Ob und inwieweit die Parteien ihrer Löschverpflichtung tatsächlich nachkommen, ist Prüfungsumfang der jeweils zuständigen Datenschutzbehörde, da Parteien Personenvereinigungen sind, die sich in der Regel nach den vereinsrechtlichen Vorschriften der §§ 21 ff. BGB organisieren und daher als privat einzustufen sind.

Rechte der Bürger:innen

Gemäß § 50 Abs. 5 Halbsatz 1 BMG hat jeder Betroffene das Recht, Widerspruch gegen die Datenweitergabe einzulegen. Zur Ausübung des Widerspruchsrechts ist keine Form vorgeschrieben, insb. bedarf sie keiner Begründung. Sie kann bei der zuständigen Behörde des jeweiligen Wohnsitzes eingereicht werden und wirkt dauerhaft.

Nach dessen Halbsatz 2 ist diese Widerspruchsmöglichkeit auch bei der Wohnungsanmeldung und einmal jährlich ortsüblich bekannt zu machen.

Die Verbraucherzentrale Sachsen stellt einen Musterbrief zum Widerspruch gegen die Datenweitergabe durch die Meldebehörde bereit. Dieser beinhaltet sämtliche Widerspruchsmöglichkeiten zu diesem Thema und kann entsprechend angepasst werden.


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