Raphaela Richter fährt Crossworx: „Ich habe Sponsoren gesucht, die lokal produzieren“
Raphaela Richter fährt kommende Saison für Crossworx. Warum sie lokal produzierende Sponsoren gesucht hat, erfahrt ihr im Interview.
Nach mehreren Jahren in Profi-Teams orientiert sich die amtierende Deutsche Meisterin im Enduro und Downhill um und fährt künftig für die kleine Thüringer Schmiede Crossworx. Im Interview erfahrt ihr, warum Raphaela Richter viel Wert auf lokal produzierende Sponsoren legt, weshalb ihr diesjähriger Rahmen ihr besonders viel bedeutet und was ihre Ziele für die kommende Saison sind.
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Raphaela Richter fährt 2025 für Crossworx
Nach nur einem Jahr hat sich Raphaela Richter von den Simplon Trailblazers verabschiedet und fährt künftig für Crossworx – eine kleine Schmiede aus Thüringen. Damit ist die aktuelle Deutsche Meisterin im Enduro und Downhill wieder Privateer, nachdem sie bereits erfolgreich für mehrere Profi-Teams gefahren ist – darunter die Teams von Radon, Ibis und eben Simplon. Auch ohne große Teamstruktur möchte Raphaela sich wieder voll auf den Enduro World Cup konzentrieren und mit dem Crossworx Dash290 (Test) neue Bestleistungen bringen. Die 26-Jährige hat sich dafür vor allem Sponsoren gesucht, die möglichst lokal produzieren – darunter Intend, Bike Ahead Composites, Tune und weitere. Alle Infos zu ihrem neuen Biken, den Sponsoren, ihrem abrupten Wechsel und ihren Plänen und Zielen für die Saison gibt’s im ausführlichen Interview mit Raphaela Richter.
Raphaela Richter im Interview
MTB-News: Hey Raphaela, vor einem Jahr haben wir uns mit dir an selber Stelle über dein neues Team unterhalten – jetzt steht wieder ein Wechsel bei dir an. Erzähl uns doch erst mal, was du 2025 Team-mäßig geplant hast.
Raphaela Richter: Hey – danke erst mal, dass ich wieder hier sein darf und ihr mir diese Plattform gebt. 2025 hat gerade gestartet und ich bin endlich so weit, zu berichten, wie es mit mir weitergeht. 2025 ist „Choose Local“ die Devise in Sachen Sponsoren. Ich wohne ja bereits seit fast drei Jahren in Thüringen und mein Freund Ruben arbeitet bei Crossworx. Ich möchte euch nicht weiter auf die Folter spannen: Dieses Jahr fahre ich für Crossworx Cycles aus Thüringen, genauer gesagt Rudolstadt.
Was die weiteren Sponsoren angeht, habe ich meine alte Liebe zu Intend wieder aufleben lassen – für beide Hauptsponsoren gilt also „made in Germany“. Das deckt sich auch mit meinem Anspruch an meinen eigenen Konsum: Regional oder lokal zu kaufen, ist etwas, das ich für mich mehr implementieren möchte. Deshalb war es mir auch ein Anliegen, Firmen zu finden, die möglichst lokal produzieren, danach habe ich gezielt gesucht. Mega cool etwa ist, dass auch meine Laufräder „made in Germany“ sind: Von Bike Ahead Composites gibt’s mittlerweile Enduro-Felgen und Lenker – eventuell auch bald ein breiteres Angebot an Lenkern. Dazu Tune-Naben aus dem Schwarzwald in Buggingen. Das „Rolling Chassis“ ist also in Deutschland gefertigt.
Ein echter Ritterschlag sind die Bremsen, die zwar nicht in Deutschland, aber in Europa gefertigt werden – da hat mir Kiwi von Crossworx viel geholfen und Kontakte weitergegeben. So kam ich zu Hope, was mega ist – da gibt es in Deutschland kaum einen Fahrer, wenn überhaupt, der von Hope gesponsert wird. Das ehrt mich sehr, dass sie Bock auf mein Programm haben. Von ihnen gibt’s dazu noch Kurbeln und Kleinteile wie Vorbau und Sattelklemmen. Das ganze Rad ist einfach krass. Die Sattelstütze bekomme ich weiterhin von BikeYoke, das müsste für mich das fünfte Jahr sein. In meinen Augen sind das einfach geile Sattelstützen, mit denen ich noch nie Probleme hatte – auch dadurch, dass man die Revive so leicht entlüften kann. Meine Kooperationen mit Schwalbe, Fidlock und Abus darf ich auch dieses Jahr wieder aufrechterhalten.
Zu Radon-Zeiten bin ich bereits Ergon gefahren und habe dazu dann recherchiert – da hat sich in den letzten 5–6 Jahren richtig viel getan. Das wollte ich ausprobieren und habe jetzt einen richtig guten Sattel gefunden – den Ergon SM Women Team. In den letzten Jahren habe ich da zwar viel probiert, aber nichts so richtig passendes gefunden. Die neuen GDH-Griffe sind auch voll geil und sogar „made in Germany“!
Was ich bewusst ausgelassen habe bis jetzt, ist der Antrieb. Da war ich 2024 etwas vom Pech verfolgt und dachte mir, wenn ich jetzt schon Privateer bin … das Wort Privateer ist ja oft negativ behaftet. Es bietet aber auch viele Freiheiten, da man selbst entscheiden kann, welche Sponsoren man anschreibt und unter welchen Bedingungen man eine Partnerschaft eingeht oder ob man in manchen Belangen überhaupt einen Sponsor haben möchte. So habe ich mich entschieden, dass ich ein 11-fach SRAM GX-Schaltwerk anbaue, in der Hoffnung, dass es einfach funktioniert. Und wenn es kaputtgeht, ist es günstig zu ersetzen. Es ist auch nicht ganz so anfällig, wenn man doch mal irgendwo aneckt, auch was das Einstellen angeht.
Das war die Story meiner Sponsoren-Akquise und wie es zu diesem für mich sehr einzigartigen Bike-Build kam. Was auch krass ist und sich sehr besonders anfühlt, ist, dass Ruben, mein Freund, meinen Rahmen geschweißt hat. Ich weiß jetzt schon, egal, wie die Saison verlaufen wird, dass, wenn ich Erfolge einfahre, es sich viel geiler anfühlen wird als alles Bisherige.
Ich hatte bereits angesprochen, dass wir erst vor einem Jahr über deinen damaligen Wechsel zu den Simplon Trailblazers geredet haben. Damals hattest du vor, mindestens 2 Jahre zu bleiben – warum ist es jetzt anders gekommen?
Genau, ich habe vor einem Jahr gesagt, dass ich es sinnvoll finde, neue Sponsoren- oder Teamverträge länger als ein Jahr anzulegen. Denn man kann ja nicht von jetzt auf gleich etwas Perfektes aus dem Boden stampfen und muss der Sache etwas Zeit geben. Ich habe im letzten Jahr aber auch viel dazugelernt: zum einen zwischenmenschlich, zum anderen für mich, sportlich gesehen. Ich musste feststellen, dass der charakterliche Fit mit dem Team nicht so gut passt, wie ich es mir erhofft hatte. Im Laufe der Saison musste ich der Wahrheit ins Auge blicken und mich entscheiden: Bleibe ich dem Vertrag treu oder löse ich ihn vorzeitig auf? Mitte der Saison habe ich das offen mit Basti und Knut (den Teamleitern, Anm. d. Red.) angesprochen und wir haben eine gemeinsame Lösung gefunden und sind im Guten auseinander. Ich glaube, wir haben uns da keine Steine gegenseitig unnötig in den Weg gelegt, sondern sehr professionell – auch mit den Sponsoren – kommuniziert.
Das klingt sehr verständlich – jetzt bist du also wieder als Privateer unterwegs. Wie sieht dein Rennkalender 2025 aus?
Ich werde mich auf jeden Fall wieder aufs Enduro fahren konzentrieren und auch das normale Rad bevorzugen – ohne Motor. Ein paar Downhill-Rennen werde ich allerdings auch angehen. Durch den Enduro World Cup-Kalender ging es sich allerdings nicht aus, dass ich etwa an einem EDC oder dieser neu gegründeten Kontinental-Serie teilnehmen könnte. Deshalb werde ich im August und Juli vermutlich in Lienz und Ilmenau an den Start gehen – was Downhill angeht, werden das die einzigen zwei Rennen sein, bei denen ich sicher an den Start gehe. Je nachdem, wann und wo die Deutsche Meisterschaft ausgetragen wird, ist das natürlich auch Pflicht – ich hoffe, dass es sich nicht mit einem Enduro World Cup beißt.
Im April habe ich mir zwei Rennen in Italien ausgesucht: eins in der Toskana und eins in San Bartolomeo. Das ist einfach, um ein bisschen wach zu werden. Zudem ist es auch so, dass ich neben dem Sponsoring-Verhältnis nun auch einen Teilzeit-Job bei Crossworx habe. Ich bin für 15 Stunden in der Woche angestellt und ich guide zusätzlich noch im Trailwerk in Kamsdorf (www.trailwerk.bike), also unter Tage. Wer das noch nicht gemacht hat: Kommt mal vorbei! (Dort kann man in einem alten Bergwerk auf präparierten Strecken Rad fahren, Anm. d. Red.) Bis März bin ich jedes zweite Wochenende im Trailwerk eingespannt, wenn es gut läuft. Im Winter möchte ich bei Crossworx Stunden aufbauen, damit ich sie im Sommer abfeiern kann – deshalb habe ich mir in den Wintermonaten noch nicht viel vorgenommen, was jetzt Rennen und Trainingscamps angeht. Außerdem bin ich der Meinung, dass ich in Thüringen gute Strukturen zum Enduro fahren und zum Trainieren habe. Hier kann ich auch gut mein Krafttraining machen … so viel zu dem Programm.
Welche Aufgaben übernimmst du nun bei Crossworx? Wenn man dort anruft, um sich beraten zu lassen, gehst du dann ans Telefon?
Die Berufsbezeichnung ist Marketing und Sales. Wir müssen auch noch rausfinden, was mir gut liegt – grundsätzlich ist die Idee, dass ich regelmäßig Rideouts anbieten werde. Ich mache die Testfahrten mit den Kunden, sofern es sich nicht mit meinem Rennkalender im Sommer beißt. Ich werde zu Events und Festivals mitgehen, wenn ich da Zeit habe, außerdem Instagram-Posts mit vorbereiten und dem Sasche, der auch beim Crossworx-Marketing-Team ist, zuarbeiten. Vielleicht gehe ich auch mit ihm Foto- und Videodrehs an, damit wir da etwas mehr durchstarten können. Außerdem geht es eventuell noch in Richtung B2B, also mit Bikeshops und so korrespondieren. Das sind so Aufgabenbereiche, da müssen wir einfach schauen, wie es sich entwickelt, aber wo es perspektivisch hingehen könnte. Wenn mal viel zu tun ist in der Montage, dann helfe ich da auch mit. Im Moment muss ich erst mal noch viel lernen!
Also kann man bei Crossworx zukünftig Räder kaufen, bei denen eine Deutsche Meisterin Hand angelegt hat – sehr cool! Wie schaut es mit dem Support auf den Rennen aus – schraubst du dort als Privateer wieder so richtig alleine aus deinem Van heraus oder hast du Support vor Ort?
Für die Weltcups ist schon der Plan, dass ich da immer einen Betreuer dabeihabe. Bei vier Weltcups hat mein Bruder Basti zugesagt. Das ist praktisch, weil er Physiotherapeut ist. Zu den anderen Weltcups und den Downhill-Rennen geht der Ruben vermutlich mit. Kleinere Sachen bekomme ich auch mal alleine hin. Ich habe mich aber auch schon mit anderen Fahrern zusammengesetzt und -telefoniert und gemeint, man kann sich da ja gegenseitig unter die Arme greifen und die Kosten für Unterkünfte und so teilen. Ich werde zumindest Anfang des Jahres mit der Hanna Steinthaler durchstarten – wir probieren das mal aus. Wir kommen mega gut aus, aber am Ende stehen wir ja auch in direkter Konkurrenz und waren noch nie in der Situation, gemeinsam auf Rennen unterwegs zu sein. Wenn sich das in Pietra Ligure und in Polen gut anfühlt und cool ist, dann werden wir das wahrscheinlich auch den Rest der Saison so beibehalten.
Wie wichtig ist es für dich, vertraute Personen auf den Rennen dabei zu haben?
Sehr – ich gehe manchmal sehr ins Zweifeln und Grübeln über und bin dann zu verkopft. Leute um mich herum zu haben, die einfach charakterlich ein gutes Match sind, den gleichen Humor haben, hilft einfach, sich abzulenken. Nicht komplett ablenken, man muss da eine feiner Linie erwischen, aber ich tendiere dazu, Dinge zu überdenken und mein Selbstbewusstsein kleinzumachen. Da hilft die Ablenkung mit Leuten, die ich gern habe und die den gleichen Humor haben.
Als amtierende Deutsche Meisterin im Downhill hast du ein goldenes Ticket für den Downhill World Cup. Hast du darüber nachgedacht, da an ein paar Rennen teilzunehmen?
Tatsächlich habe ich mir vor eineinhalb Monaten die ganzen Regularien noch einmal genauer angeschaut. Da war ich an dem Punkt, wo ich eine Richtung einschlagen und mich entscheiden musste, welche Rennen ich fahre. Da habe ich auch einen Moment lang ernsthaft darüber nachgedacht, musste aber, als dann die ganzen Termine rauskamen, feststellen, dass ich Prioritäten setzen muss. Das ist etwas, was mir ohnehin etwas schwerfällt. Aber das Hauptaugenmerk liegt jetzt auf dem Enduro World Cup, gleichzeitig will ich zwischendurch arbeiten. Das gibt mir auch Strukturen, was Arbeiten ja so mit sich bringt, und tut mir gut. Ich werde dann effizienter im Alltag, wenn ich auch in der Ruhewoche oder wenn es mal nicht so gut läuft, einen Grund habe, aufzustehen. Deshalb habe ich mich gegen den Downhill World Cup entschieden, auch wenn es sich zeitlich vielleicht bei 1, 2 Rennen ausgegangen wäre. Mit den Events, die ich auch über die Arbeit abdecken möchte, wäre es aber einfach zu viel gewesen.
Was sind deine Ambitionen für die kommende Saison? Vor einem Jahr meintest du, du hast noch eine Rechnung offen und fühlst dich nach wie vor schnell.
Genau – 2024 würde ich so zusammenfassen: In Finale bin ich mit dem 6. Platz meinen besten World Cup-Einstand jemals gefahren. Dann kam aber auch Pech dazu und äußere Umstände, die dazu geführt haben, dass ich mein Potenzial nicht ausschöpfen konnte. Da gab’s schon die ersten Diskrepanzen, die ich hinter den Kulissen ausgefochten habe, auch mit dem Team. Dadurch habe ich fast die Motivation verloren und eher nach Möglichkeiten gesucht, wie ich mir das Rennenfahren wieder genießbar machen kann und nicht nur daran verbittere.
So kam ich zum E-Bike fahren: Fürs Ego hilft natürlich ein bisschen Erfolg, was in einem kleineren Fahrerfeld mit weniger Starterinnen – muss man ganz ehrlich ansprechen – natürlich einfacher ist. Zum anderen war das Umfeld cool, ich konnte mit Helen, Torben und Kelan vom Rotwild-Team trainieren. Mit denen verstehe ich mich gut und hatte Leute um mich herum, mit denen ich einfach Spaß am Radfahren und Motivation zum Rennenfahren hatte.
In der Offseason habe ich meine Gedanken etwas strukturiert und mir sportliche Ziele für 2025 gesteckt. In der Analyse habe ich festgestellt, dass ich nach wie vor das Potenzial habe, vorn mit reinzufahren und dass 2024 nicht alles schlecht war. Ich habe viel mitgenommen an Dingen, die ich verändern möchte, und habe auch Veränderungen vorgenommen. Die Ziele sind aber fast identisch: Ich will Stages gewinnen und je mehr Stages ich gewinne, desto größer ist das Potenzial, dass ich auch mal ein Rennen gewinne oder zumindest aufs Podium komme und eine Saison hinkriege, in der ich auch auf dem Papier mal stetig in die Top 5 fahren.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg in der kommenden Saison.
Danke dir.
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