Plan-B-Konferenz im Bitcoin-Land
Weil Bitcoin-Weltenbummler Aaron Koenig gerade in der Gegend war, besuchte er die Plan-B-Konferenz in El Salvador Ende Januar. In einer kurzen Reportage hält er seine Eindrücke für uns fest.
Weil Bitcoin-Weltenbummler Aaron Koenig gerade in der Gegend war, besuchte er die Plan-B-Konferenz in El Salvador Ende Januar. In einer kurzen Reportage hält er seine Eindrücke für uns fest.
Am 30. und 31. Januar fand die aus Lugano stammende Plan-B-Konferenz im “Bitcoin-Land” El Salvador statt. Zahlreiche prominente Sprecher wie Elizabeth Stark, Giacomo Zucco, Adam Back, Samson Mow, Jimmy Song, Jameson Lopp und Tether-Chef Paolo Ardoino hatten sich angekündigt, so dass ich mich spontan entschied, die Konferenz zu besuchen – der Flug von Mexiko war kurz und günstig. Ich war natürlich auch sehr daran interessiert, wie sich El Salvador seit meinem ersten Besuch im Jahr 2021 entwickelt hatte.
Die Konferenz lief auf englisch mit spanischer Simultanübersetzung, es gab zudem einen eigenen Strang auf Spanisch, der sich vor allem an Einheimische richtete, die auf den ohnehin schon recht günstigen Preis einen anständigen Rabatt bekamen. Hauptsponsor der Konferenz war Tether, mit 12 Milliarden Gewinn bei 120 Mitarbeitern das profitabelste Unternehmen der Geschichte. Seit Kurzem hat Tether seinen offiziellen Hauptsitz in El Salvador.
Ich war von dieser Kombination etwas überrascht, denn bisher hatte ich vermutet, dass Bitcoin-Maximalisten wie Plan-B-Direktor Giacomo Zucco Tether als “Shitcoin” einstufen würden, da er auf Chains wie Ethereum, Solana und Tron läuft und eng mit dem zentralistischen Fiat-Geldsystem verbandelt ist. Doch weit gefehlt: die Tether-Gründer sind überzeugte Bitcoiner, die den USDT-Stablecoin als pragmatische Brückenlösung sehen, um ganz normale Menschen – die eher mit dem Dollar als mit Bitcoin vertraut sind – einen Zugang ins digitale Geldzeitalter zu ermöglichen.
Der unglaubliche kommerzielle Erfolg von Tether erlaubt es dem Unternehmen, Bitcoin-Bildungseinrichtungen wie das Plan-B-Netzwerk und die dazugehörige Konferenz zu finanzieren. Außerdem arbeitet Tether an dezentralisierten KI-Lösungen und vielen anderen “Freedom Technology Tools” und hat in den YouTube-Konkurrenten Rumble investiert, der ähnlich wie Elon Musk’s X die Redefreiheit über alles stellt.
Die wichtigste Neuigkeit der Konferenz war vermutlich, dass USDT jetzt auch über das Bitcoin-Lightning-Netzwerk läuft. Lightning-Labs-Chefin Elizabeth Stark und Tether CEO Paolo Ardoino kündeten das unter dem Applaus der rund 1200 Besucher an. “It all comes back to Bitcoin” war das Motto dieses Panels, und es zog sich durch die ganze Konferenz.
Die Grundstimmung war insgesamt überaus positiv und optimistisch, was vor allem mit der Pro-Bitcoin-Positierung der neuen US-amerikanischen Regierung zusammenhängt. Auch der große Erfolg von El Salvadors Präsident Nayib Bukele mit seiner Bitcoin-Initiative trägt sicher dazu bei. Das Land besitzt mittlerweile über 6000 Bitcoins und kauft jeden Monat neue hinzu. Seit 2021 hat sich der Wert der staatlichen Bitcoin-Reversen um ein Vielfaches erhöht. Das hat auch die Verhandlungsposition gegenüber Institutionen wie dem IWF gestärkt.
El Salvador musste einige Kompromisse mit dem IWF eingehen, um Zugang zu günstigen Krediten zu erhalten. So wurde etwa die staatliche Bitcoin-Wallet Chivo eingestellt und der Zwang für Unternehmen, Bitcoin zu akzeptieren, aufgehoben. Beides waren jedoch ohnehin eher anti-marktwirtschaftliche Maßnahmen, die zum freiheitlichen Charakter Bitcoins nicht wirklich passen. Samson Mow, der mit seiner Firma Jan 3rd die Regierung von El Salvador berät, wertete diese Kompromisse denn auch als “einen Schritt zurück, um danach drei Schritte nach vorn machen zu können“.
Die Bitcoin-Adoption im Land geht nach wie vor nicht so schnell voran, wie es sich viele Bitcoiner wünschen würden. Mein Taxi vom Flughafen zum Hotel konnte ich per Lightning bezahlen, das Hotel akzeptierte jedoch nur Dollar. Ich nehme an, dass sich wie überall in Lateinamerika eher der an den Dollar gekoppelte USDT als allgemeines Zahlungsmittel durchsetzen wird. Bitcoin selbst wird vermutlich eher im Hintergrund laufen, etwa als technische Basis von USDT-Zahlungen und als Währungsreserve und Wertspeicher.
Insgesamt hat sich das Land seit dem Bitcoin-Gesetz von 2021 sehr positiv entwickelt. Viele Unternehmen haben sich dank der günstigen Steuern und Bitcoin-freundlichen Regulierungen in El Salvador niedergelassen, nicht nur Tether, sondern auch viele Start-Ups. Der Tourismus nach El Salvador und der Immobilienmarkt boomen. Der wichtigste Faktor für den Wirtschaftsboom El Salvadors ist, dass die Bandenkriminalität durch die harten Maßnahmen der Regierung Bukele quasi auf Null gesunken ist. El Salvador ist vom einst gefährlichsten Land der Welt zu einem der sichersten geworden. Vor allem deshalb wurde Nayib Bukele mit einer überwältigenden Mehrheit wiedergewählt.
Einer der eindrucksvollsten Vorträge der Konferenz war für mich der über die Wandlung der Colonia Zacamil in San Salvador vom gefährlichsten Stadtviertel der Welt, in dem die Gangs Menschen auf offener Straße exekutierten und sich die Bewohner nicht aus ihren Wohnungen trauten, zu einer Oase der Kunst. Zahlreiche Künstler aus aller Welt haben die tristen Plattenbauten dieses Armenviertels mit riesigen, farbenprächtigen Wandgemälden mit Motiven aus der Geschichte und Kultur El Salvador bemalt. Auch soziale Initiativen wie Musikfestivals und Sportevents finden jetzt in Zacamil statt, wohin sich früher nicht einmal die Polizei traute.
Diesen mit Standing Ovations gefeierten Vortrag hielt die Künstlerin Valentina Picozzi von der Stiftung Custom Made Stories. Valentina war es auch, die die Statue von Satoshi Nakamoto gestaltet hatte, die am Ende der Konferenz enthüllt wurde. Sie wird in El Zonte stehen, dem legendären “Bitcoin Beach”, an dem die Erfolgsgeschichte El Salvadors begann. Mittlerweile hat dieses Pionierprojekt einer “zirkulären Ökonomie” über 50 Nachahmer gefunden, vor allem in Lateinamerika, Afrika und Südostasien. Mein Reggaeton über den “Bitcoin Beach”, den ich nach meinem ersten Besuch 2021 schrieb und aufnahm, wurde auch in der Drohnenshow über die Geschichte Bitcoins verwendet, die den ersten Konferenztag abschloss.
Der zweite Konferenztag endete mit dem Satoshi-Rockamoto-Konzert, bei dem Bitcoiner wie Samson Mow, Joe Nakamoto und Knut Svanholm zur Gitarre griffen und bekannte Rocknummern zum Besten gaben. Selbst Plan-B-Chef Giacomo Zucco ließ es sich nicht nehmen, “Creep” von Radiohead ins Mikro zu grölen.
Insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung, die mich sehr inspiriert und mit Hoffnung auf eine bessere Zukunft erfüllt hat. Nur schade, dass ich die Party am Bitcoin Beach am Samstag verpasst habe, weil ich direkt nach der Konferenz zurück musste. Aber ich denke, das war nicht mein letzter Besuch in El Salvador!
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Aaron Koenig ist Unternehmer, Buchautor und Musiker. Hier könnt ihr sein Reggaeton ‘Bitcoin Beach’ von 2021 hören: