Nio in Deutschland: Der steinige Weg in den Kreis der Premium-Marken
Die Verkaufszahlen von Nio in Deutschland sind ernüchternd. Trotzdem versucht das Unternehmen, mit kreativen Mitteln Fuß zu fassen. Der Beitrag Nio in Deutschland: Der steinige Weg in den Kreis der Premium-Marken erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.
Der chinesische Elektroautohersteller Nio hat sich ambitionierte Ziele gesteckt: Als Premium-Anbieter will das Unternehmen im Land von BMW, Mercedes und Audi Fuß fassen. Die Verkaufszahlen in Deutschland zeigen aber, wie schwer das ist. Nur 398 Neuzulassungen wurden 2024 laut Kraftfahrt-Bundesamt registriert. Trotzdem blickt Nio optimistisch nach vorn und setzt unter anderem auf innovatives Marketing, Lifestyle und eine engere Verbindung zur Kundschaft.
Die Marke verfolgt einen Ansatz, der für chinesische Autobauer eher untypisch ist. Statt auf günstige Modelle für die Masse zu setzen, möchte Nio mit Design, Technologie und einem besonderen Markenerlebnis überzeugen. Das Subskriptionsmodell – Fahrzeuge werden per Auto-Abo angeboten – unterstreicht diesen Anspruch. „Unser Ziel ist es, mit der Community zu wachsen“, erklärte David Sultzer, General Manager von Nio Deutschland, in München.
Deutschland ist ein schwieriger Markt
Denn auch wenn sich Nio hierzulande noch schwer tut, international sieht es deutlich besser aus. Im Dezember 2024 konnte das Unternehmen 31.138 Fahrzeuge ausliefern, ein neuer Rekord. Das entspricht einem Wachstum von 73 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Gerade in Deutschland aber, wo Premium-Marken seit Jahrzehnten den Markt dominieren, fällt es Nio schwer, seinen Platz zu finden. Neben etablierten Wettbewerbern machen auch die neuen EU-Zölle den Verkauf teurer Importfahrzeuge schwieriger. Die Abgaben steigen von 10 auf immerhin 31 Prozent. Um diese Preissteigerungen ein Stück weit zu umgehen, hat Nio vorausschauend eine große Zahl an Fahrzeugen importiert und die europäischen Lager gefüllt.
Das ist jedoch keine langfristige Strategie. CEO William Li kündigte deswegen an, dass Nio in Zukunft im Preissegment von Porsche beheimatet sein werde. Gleichzeitig bietet das Unternehmen in Deutschland aber hohe Rabatte – ein scheinbarer Widerspruch.
Auf der anderen Seite will Nio neben seinem Premium-Anspruch auch eine breitere Zielgruppe in Europa ansprechen. Die Tochtermarke Firefly soll dabei helfen. Ende 2024 wurde das erste Modell vorgestellt, der Firefly EV. Das kompakte und preisgünstige Elektroauto könnte Nios Reichweite auf dem europäischen Markt deutlich erhöhen.
Kreative Lösungen in der Infrastruktur und im Marketing
Eine Besonderheit, die Nio von anderen Herstellern unterscheidet, ist der Einsatz von Batteriewechselstationen. In Deutschland gibt es mittlerweile 19 dieser sogenannten Swap Stations, in Europa sind es 56. Diese ermöglichen es, die Batterie eines Elektroautos innerhalb weniger Minuten auszutauschen und so die Wartezeiten fürs Laden zu eliminieren. Die Stationen werden in Kombination mit einem flächendeckenden Serviceangebot ausgebaut.
Darum arbeitet Nio mit Partnern wie Vergölst zusammen. Kunden können so auf ein Netzwerk von 150 Werkstätten zugreifen. Zusätzlich gibt es mobile Werkstatt-Teams, die Pannen direkt vor Ort beheben können – laut Nio lassen sich etwa 50 Prozent aller Probleme remote lösen. Diese Herangehensweise zeigt, wie intensiv das Unternehmen daran arbeitet, die Kundenzufriedenheit zu steigern.
Das zeigt sich auch im Marketing. Denn auch hier geht man kreative Wege, um eine enge Bindung zur Marke zu schaffen. Kunden werden als „User“ bezeichnet und aktiv in das Markenerlebnis eingebunden. Ob in den sogenannten Nio Houses, über die App oder bei Veranstaltungen – die Interaktion mit der Marke soll so intensiv wie möglich gestaltet werden.
Partnerschaften mit prominenten Persönlichkeiten wie dem Rapper Cro oder der Winzerin Juliane Eller sollen zudem den Lifestyle-Aspekt von Nio stärken. Auch auf der Berliner Fashion Week ist die Marke vertreten. All diese Maßnahmen zielen darauf ab, Nio als eine Marke zu etablieren, die eben kein chinesisches Image hat, sondern eines, das weit über das reine Auto hinausgeht.
Und auch andere Einnahmequellen sind geplant. Die Batteriekapazität der Wechselstationen soll künftig dafür genutzt werden, um das lokale Stromnetz durch bidirektionales Laden zu stabilisieren. „Das wird einen sehr großen Einfluss auf unsere Wirtschaftlichkeit haben“, sagt Kajsa Ivansson Sognefur, Leiterin von Nio Power Europe.
Wohin führt es Nio?
Volle Lager, hohe Preise und die Taktik, Autos durch hohe Rabatte zu verscherbeln. Diese Strategie ist – sagen wir mal – nicht unbedingt aus dem Lehrbuch. Aber wenn David Sultzer, General Manager von Nio Deutschland sagt, man habe „keinen Volumendruck“, weil man einen geduldigen und international erfolgreichen chinesischen Konzern im Rücken habe, dann scheint es auch ein Stück weit sportlicher Ehrgeiz zu sein, dass Nio sich gerade auf dem deutschen Markt messen will.
Der Weg zur etablierten Premium-Marke in Deutschland ist für Nio aber nach wie vor eine große Herausforderung. Der Markt ist hart umkämpft, und die Deutschen halten ihren Marken die Treue. Das wird sich auch nicht so leicht ändern, wenn Nio vermehrt auf dem Flottenmarkt aktiver werden will. Trotzdem zeigt das Unternehmen auf internationaler Ebene starke Wachstumszahlen und versucht mit neuen Modellen wie dem Firefly EV, flexiblen Preisstrategien und innovativen Konzepten wie den Swap Stations, vieles, um in Europa Fuß zu fassen. Man möchte der Marke wünschen, dass die Maßnahmen wie der Batteriewechsel in Deutschland so gut ankommen, dass unsere etablierten Marken sich herausgefordert fühlen, zu reagieren.
Quelle: Autohaus.de – Nio in Deutschland: „Wir haben keinen Volumendruck“
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