Große Kunst erklärt in 15 Minuten: William Blake
William Blake (1757–1827) war ein Künstler und Dichter, der sich in keine Schublade stecken ließ. Er war ein Radikaler, der soziale Ungerechtigkeit, religiöse Dogmen und wissenschaftlichen Rationalismus ablehnte. Seine Kunst war nicht nur visuell, sondern auch poetisch und tiefphilosophisch. Er schuf eine eigene Mythologie, in der er Konzepte wie Liebe, Freiheit, Natur und das Göttliche auf einzigartige Weise interpretierte. Ein... Weiterlesen
William Blake (1757–1827) war ein Künstler und Dichter, der sich in keine Schublade stecken ließ. Er war ein Radikaler, der soziale Ungerechtigkeit, religiöse Dogmen und wissenschaftlichen Rationalismus ablehnte. Seine Kunst war nicht nur visuell, sondern auch poetisch und tiefphilosophisch. Er schuf eine eigene Mythologie, in der er Konzepte wie Liebe, Freiheit, Natur und das Göttliche auf einzigartige Weise interpretierte.
Ein Leben voller Visionen
Schon als Kind hatte Blake Visionen. Mit acht Jahren sah er nach eigenen Angaben Engel in den Bäumen von Peckham Rye in London. Solche mystischen Erfahrungen prägten sein gesamtes Schaffen. War er ein Genie oder ein Wahnsinniger? Diese Frage stellte man bereits zu seinen Lebzeiten, und sie bleibt bis heute offen.
Blake wuchs in einer Familie religiöser Nonkonformisten auf. Anstatt eine traditionelle Schulausbildung zu erhalten, besuchte er mit zehn Jahren eine Zeichenschule und begann mit 14 eine Ausbildung als Kupferstecher. Diese technische Fertigkeit ermöglichte es ihm später, seine Kunstwerke eigenständig zu produzieren.
William Blake – Kunst und Poesie als Einheit
Blake war nicht nur Maler, sondern auch einer der bedeutendsten englischen Dichter. Seine Werke vereinten Text und Bild auf eine Weise, die einzigartig war. Er entwickelte eine revolutionäre Drucktechnik: das „illuminated printing“. Dabei wurden Text und Bild gemeinsam auf Kupferplatten geätzt, was eine tiefe Symbiose von Dichtung und Illustration ermöglichte.
Viele seiner Werke waren gesellschaftskritisch. Er schrieb und illustrierte selbstverlegte Bücher, die sich mit Themen wie Kinderarbeit, Armut, Sklaverei und religiöser Heuchelei befassten. Seine Frau Catherine war eine wichtige Partnerin, die ihn bei der Herstellung und Kolorierung seiner Werke unterstützte.
„The Ancient of Days“ – Ein ikonisches Werk
Eines seiner bekanntesten Bilder ist The Ancient of Days (s.o.), das als Frontispiz für sein Buch Europe: A Prophecy diente. Es zeigt eine imposante, götterähnliche Figur, die mit einem Zirkel die Welt vermisst. Diese Figur, die Blake „Urizen“ nannte, steht für Rationalität und Gesetz, aber auch für geistige Einschränkung und Unterdrückung.
Blake stellte Urizen bewusst in einer kauernden Haltung dar, ein Motiv, das sich in vielen seiner Werke findet. Es symbolisiert die Beschränkung durch Vernunft und gesellschaftliche Konventionen. Der Zirkel, der aus seinen Händen zu wachsen scheint, verstärkt den Eindruck, dass Urizen mehr Maschine als Lebewesen ist.
William Blake gegen die Aufklärung
Im Zeitalter der Aufklärung, das Vernunft und Wissenschaft verherrlichte, stand Blake für das Gegenteil: Vorstellungskraft, Spiritualität und Intuition. Er lehnte die Vorstellung ab, dass die Welt rein rational erklärt werden kann. Dies brachte ihn in Konflikt mit den vorherrschenden Denkweisen seiner Zeit.
Ein weiteres Werk, das seine Kritik am Rationalismus ausdrückt, ist Newton (s.o.). Hier zeigt er den Wissenschaftler nackt und gekrümmt, wie er sich mit einem Zirkel auf eine Felsenfläche konzentriert, während er die lebendige Welt um sich herum ignoriert. Blake betrachtete Wissenschaft als eine Kraft, die die Vorstellungskraft einschränkt und die spirituelle Dimension des Lebens ausblendet.
Mythologie als Mittel der Kritik
Blake erschuf eine eigene Mythologie, um seine Weltsicht zu vermitteln. Neben Urizen, dem repressiven Vernunftgott, gibt es in seinem Universum auch Orc, den Geist der Rebellion. Orc verkörpert die revolutionären Bewegungen seiner Zeit, wie die Amerikanische und die Französische Revolution, die Blake offen unterstützte.
In seinen Prophetic Books verband er christliche, mystische und politische Ideen mit seiner eigenen Mythologie. Diese Werke waren schwer verständlich und wurden zu seinen Lebzeiten kaum beachtet. Erst später erkannte man ihren künstlerischen und literarischen Wert.
Ein verkanntes Genie
Blake lebte in Armut und wurde zu Lebzeiten weitgehend ignoriert. Viele hielten ihn für verrückt. Erst lange nach seinem Tod erkannte man seine Bedeutung als visionärer Künstler und Dichter. Heute gilt er als eine der einflussreichsten Figuren der Romantik.
Sein Vermächtnis lebt in der modernen Kunst, Literatur und Musik weiter. Er inspirierte unter anderem Aldous Huxley, Jim Morrison und Patti Smith. Seine Werke werden heute in den größten Museen der Welt ausgestellt. William Blake starb am 12. August 1827. Noch auf dem Sterbebett arbeitete er an einer neuen Version von The Ancient of Days. Er starb, wie er lebte: mit unerschütterlicher Leidenschaft für seine Kunst.
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