Energieversorgung: Auslastung an Nordsee-LNG-Terminals höher als an Ostsee
Im vergangenen Jahr lief der LNG-Import vor allem über die staatlichen Terminals an der Nordsee. Diese dürfen Geld von der Bundesregierung erhalten. Der Konkurrent beklagt verzerrten Wettbewerb.
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Im vergangenen Jahr lief der LNG-Import vor allem über die staatlichen Terminals an der Nordsee. Diese dürfen Geld von der Bundesregierung erhalten. Der Konkurrent beklagt verzerrten Wettbewerb.
Deutschlands Importterminals an der Nordsee für Flüssigerdgas (LNG) sind im vergangenen Jahr nach Betreiberangaben zu ungefähr 65 Prozent ausgelastet gewesen. Das teilte die staatliche Deutsche Energy Terminal GmbH (DET) aus Düsseldorf mit. Die schwimmenden Terminals liegen in Wilhelmshaven (Niedersachsen) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein).
Auslastungszahlen für die zwei schwimmenden Ostsee-Terminals nennt deren privater Betreiber Deutsche Regas nicht. Anhand von Daten von Europas Gasinfrastruktur-Betreibern GIE mit Sitz in Brüssel zeichnet sich aber eine niedrigere Auslastung ab.
Das meiste LNG kommt in Wilhelmshaven an
Nach einer GIE-Statistik speiste das Terminal in Wilhelmshaven vergangenes Jahr rund 37,5 Terawattstunden in das Netz ein, das in Brunsbüttel etwa 21,6 Terawattstunden.
Auf die Standorte Lubmin und Mukran entfielen 2024 den Daten zufolge insgesamt etwa 8,5 Terawattstunden. Die Deutsche Regas hatte zunächst ein Terminalschiff in Lubmin stationiert, dieses im Laufe des Jahres aber nach Mukran verlegt und dort durch ein zweites Terminalschiff ergänzt. Zusammen sind dort beide seit September im Regelbetrieb. Beide waren laut Deutscher Regas wegen Wartungsarbeiten und der Fertigstellung des Terminals zwischenzeitlich monatelang außer Betrieb.
Die GIE-Daten ergeben für die deutschen LNG-Terminals für 2024 einen Gesamtwert von 67,6 Terawattstunden.
Anteil von LNG an Gas-Importen weiter gering
Die Bundesnetzagentur aus Bonn gibt den Erdgas-Import über die LNG-Terminals für das vergangene Jahr auf ihrer Website leicht höher mit 68 Terawattstunden an. Im Vorjahr lag der Wert laut Agentur bei etwa 69,7 Terawattstunden - was einem Rückgang von etwa 2,4 Prozent entspricht.
Der Anteil des Flüssigerdgases an den gesamten Gas-Importen ist folglich weiter gering: Laut Bundesnetzagentur lag der Anteil im vergangenen Jahr bei rund acht Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Anstieg um etwa einen Prozentpunkt.
Terminals sind umstritten
Die Bundesregierung hatte den Aufbau von LNG-Terminals nach dem russischen Angriff auf die Ukraine forciert, um angesichts eingeschränkter und schließlich ausbleibender russischer Gaslieferungen unabhängiger zu werden. Wegen ihrer Kosten und Umweltauswirkungen sind die Terminals umstritten.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) etwa kritisierte Anfang des Jahres, die Terminals leisteten "bestenfalls einen nachrangigen Beitrag zur Versorgungssicherheit" und forderte die LNG-Infrastruktur nicht weiter auszubauen.
Vom Bundeswirtschaftsministerium hieß es in der Vergangenheit: "Die Terminals sind kurz- und mittelfristig für die Resilienz der deutschen und europäischen Gasversorgung essentiell." Der Großteil des deutschen Gasbedarfs werde durch Norwegen gedeckt. Durch mögliche Havarien oder Anschläge auf die entsprechende Infrastruktur sei Deutschland gefährdet.
Dem Terminal in der Ostsee komme beim Ausfall anderer Lieferwege wegen seiner geografischen Lage eine wichtige Rolle bei der Versorgung nicht nur Ost- und Süddeutschlands, sondern auch angrenzender Nachbarstaaten zu.
Vorwürfe wegen Preispolitik
Nach Einschätzung der Deutschen Regas bremsen die Gebühren für den Weitertransport des Gases durch das deutsche Fernleitungsnetz die Nutzung der Terminals. Die Tarifstruktur orientiere sich bislang an langfristigen und konstanten Lieferungen etwa aus Pipelines. Für kurzfristigere LNG-Lieferungen per Schiff seien die Tarife anderswo in Europa günstiger.
Mit dem Betreiber der Nordsee-Terminals, der DET, sieht sich die Deutsche Regas in einem "ungleichen Wettbewerb", wie jüngst der geschäftsführende Gesellschafter Ingo Wagner erklärte. Im Dezember erlaubte die EU-Kommission der Bundesregierung, die DET mit mehr als vier Milliarden Euro zu unterstützen. Seitdem betreibe die DET "eine wesentlich aggressivere Preispolitik", so Wagner.
Die DET biete Einspeisekapazitäten weit unter den von der Bundesnetzagentur festgelegten Entgelten an. Wagner nennt dies eine "rechtswidrige Wettbewerbsverzerrung". Die DET beteuerte, man halte regulatorische Vorgaben ein. Die Auktion von Regasifizierungs-Kapazitäten Ende des Jahres habe der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Terminals gedient.
Weitere Terminals mit Verspätung
Nach dem unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gelobten "Deutschland-Tempo", mit dem die ersten Terminals genehmigt und gebaut wurden, ist der weitere Ausbau zunehmend ins Stocken geraten.
Die DET plante, dieses Jahr zwei weitere schwimmende Importterminals an der Nordsee in Betrieb zu nehmen. Nach Verzögerungen soll das zweite Terminalschiff in Wilhelmshaven bis Ende März Erdgas einspeisen. Auch das schwimmende Terminal in Stade sollte eigentlich schon laufen. Inzwischen nennt die DET nicht länger ein Datum für eine Inbetriebnahme.
Künftig sollen die schwimmenden Terminals teils durch feste an Land ersetzt werden. Der letzte Stand ist, dass ein solches privates Terminal in Stade und ein halbstaatliches in Brunsbüttel 2027 in Betrieb gehen sollen. Der Start eines privaten Terminals in Wilhelmshaven war etwa Mitte 2028 vorgesehen.
Umstellung auf Wasserstoff-Import
Unter anderem die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit betont, dass mit den LNG-Terminals auch Weichen für die Wasserstoff-Nutzung gestellt würden. Anleger und Infrastruktur sollten in Zukunft dafür genutzt werden. Kritikern sind derartige Versprechungen zu vage. Die LNG-Terminalschiffe etwa seien nicht für den Wasserstoff-Import geeignet. Geplante landseitige Terminals sollen hingegen auch für Wasserstoffderivate geeignet sein.
In Lubmin, wo ehemals LNG angelandet wurde, plant die Deutsche Regas zusammen mit dem norwegischen Unternehmen Höegh Evi hingegen mit einem neuartigen schwimmenden Terminal Wasserstoff anzulanden und so die dort gebaute Anbindung zu nutzen. Der Wasserstoff soll dazu gebunden in Ammoniak per Schiff angeliefert werden. 2027 ist laut Höegh Evi die Inbetriebnahme geplant.