Weltwirtschaftsforum: Von der Leyen warnt Trump vor Handelskrieg
„Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen warnt den neuen US-Präsidenten vor den Folgen eines Handelskonflikts. Zugleich will sie die EU fit machen für einen raueren globalen Wettbewerb
„Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“: EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen warnt den neuen US-Präsidenten vor den Folgen eines Handelskonflikts. Zugleich will sie die EU fit machen für einen raueren globalen Wettbewerb
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor der Gefahr eines globalen Wettlaufs hin zu einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale gewarnt. Es sei offensichtlich, dass Wirtschaftsinstrumente wie Sanktionen, Exportkontrollen und Zölle zunehmen würden, sagte von der Leyen am Dienstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Den neuen US-Präsidenten Donald Trump erwähnte sie dabei namentlich nicht. Einen Tag nach der Amtsübernahme Trumps warnte von der Leyen aber vor einer neuen Ära harter geostrategischer Konkurrenz. Dabei müsse die Europäische Union auch ihre Haltung zu China überdenken.
„Die auf Zusammenarbeit ausgerichtete Weltordnung, wie wir sie uns vor 25 Jahren vorgestellt haben, ist nicht Wirklichkeit geworden. Stattdessen sind wir in eine neue Ära des rauen geostrategischen Wettbewerbs eingetreten“, sagte von der Leyen zur Lage der Weltwirtschaft. „Mit zunehmender Konkurrenz werden wir wahrscheinlich weiterhin einen häufigen Einsatz von Wirtschaftsinstrumenten wie Sanktionen, Exportkontrollen und Zöllen erleben, die dem Schutz der wirtschaftlichen und nationalen Sicherheit dienen sollen“, sagte die CDU-Politikerin.
NL Die WocheInnovation dürfe dabei aber nicht erstickt werden. „In diesem Sinne müssen wir zusammenarbeiten, um einen globalen Wettlauf nach unten zu vermeiden“, fügte sie hinzu. „Denn es liegt in niemandes Interesse, die Bindungen in der Weltwirtschaft zu zerstören. Vielmehr müssen wir die Regeln modernisieren, um unsere Fähigkeit zu erhalten, zum gegenseitigen Nutzen unserer Bürger zu produzieren.“
Trump hatte nach seiner Vereidigung als 47. Präsident der USA am Montag erklärt, er wolle das US-Handelsdefizit mit der Europäischen Union abbauen, entweder durch Zölle oder mehr Energieexporte. Höhere Zölle würden vor allem die Exportnation Deutschland hart treffen.
Von der Leyen warnte Trump vor einem Handelskrieg mit Europa und signalisierte Verhandlungsbereitschaft. „Es gibt keine anderen Volkswirtschaften in der Welt, die so eng miteinander verflochten sind wie wir“, sagte sie. Europäische Unternehmen beschäftigten in den USA 3,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner. Und eine weitere Million amerikanische Arbeitsplätze hingen direkt vom Handel mit Europa ab.
Als Beispiel für die engen Verbindungen nannte von der Leyen transatlantische Lieferketten, die etwa dazu führen, dass amerikanische Flugzeuge mit Steuerungssystemen und Kohlefasern aus Europa gebaut und amerikanische Medikamente mit europäischen Chemikalien und Laborwerkzeugen hergestellt würden. Gleichzeitig importiere Europa doppelt so viele digitale Dienstleistungen aus den USA wie aus dem gesamten asiatisch-pazifischen Raum und die USA lieferten mehr als 50 Prozent der EU-Flüssiggasimporte.
„Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“
„Das Handelsvolumen zwischen uns beläuft sich auf 1,5 Billionen Euro, was 30 Prozent des Welthandels entspricht. Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“, sagte von der Leyen. Oberste Priorität der EU werde es daher sein, frühzeitig in Kontakt zu treten, gemeinsame Interessen zu erörtern und zu Verhandlungen bereit zu sein. Als ein mögliches Thema hatte von der Leyen bereits im November einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssiggas (LNG) genannt.20-01-25 TrumpTrade
Die Kommissionschefin sagte weiter, die EU müsse ein ausgewogeneres Verhältnis zu China anstreben und Lösungen von beiderseitigem Interesse finden. Auch China ist für Deutschland ein wichtiger Absatzmarkt. Derzeit sind die EU und das Reich der Mitte in einen Handelsstreit verwickelt, der von Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge und einige europäische Importe wie französischen Cognac geprägt ist.
In der kommenden Woche will von der Leyen einen Fahrplan zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas vorlegen. Dabei soll es insbesondere um neue Investitionen, Bürokratieabbau und stabile und niedrige Energiepreise gehen. In den vergangenen 25 Jahren habe sich Europa auf die wachsenden Welthandelsströme als Wachstumsmotor verlassen und auf billige Energie aus Russland gesetzt, sagte von der Leyen. Diese Tage seien aber vorbei und für weiteres Wachstum im nächsten Vierteljahrhundert müsse Europa einen Gang höher schalten.
Das „28. Regelwerk“
Als Beispiel für eines der geplanten Projekte nannte die Kommissionspräsidentin die Einführung von einheitlichen Regeln für Unternehmen. „Manchmal müssen sich Unternehmen mit 27 nationalen Regelungen herumschlagen. Wir werden innovativen Unternehmen die Möglichkeit bieten, in der gesamten Union tätig zu sein und dabei nur ein einheitliches Regelwerk beachten zu müssen“, erklärte sie. Das Projekt werde „das 28. Regelwerk“ genannt. Es soll demnach das Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht einbeziehen.Analyse Inauguration und Day One 06.06
Ein weiterer Schwerpunkt wird ein Plan für europäische Spar- und Investitionsprodukte sein, die Kapital für Projekte in Europa mobilisieren. Derzeit fließt aus Sicht der Kommission zu wenig privates Vermögen in europäische Unternehmen, weil der heimische Kapitalmarkt ineffizient und zersplittert ist.
„300 Mrd. Euro an Ersparnissen europäischer Familien werden im Ausland investiert – und das jedes Jahr. Das ist eines der größten Hindernisse für das Wachstum unserer Start-ups im Hightech-Bereich und für die Entwicklung unseres innovativen Sektors für saubere Technologien“, sagte von der Leyen. Insgesamt würden sich die Ersparnisse europäischer Haushalte auf nahezu 1,4 Billionen Euro belaufen – verglichen mit gut 800 Mrd. Euro in den USA.
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