Trump macht mit Memecoin Milliarden während EZB-Banker gegen Bitcoin-Reserve wettern und Bundesbank-Präsident von Tulpenblase spricht
Selten wurde der Unterschied zwischen den USA und Europa so deutlich wie in den letzten Tagen. Trump begreift, wie man mit Kryptowährungen Geld macht, während in der EU das Ressentiment bis in die Spitzen der Institutionen modert.
Selten wurde der Unterschied zwischen den USA und Europa so deutlich wie in den letzten Tagen. Trump begreift, wie man mit Kryptowährungen Geld macht, während in der EU das Ressentiment bis in die Spitzen der Institutionen modert.
Was für ein wildes Wochenende. Freitag-Nacht, während Europa schlief, startete Donald Trump den Memecoin $TRUMP.
Um drei Uhr in der Früh schlug der Coin auf der dezentralen Börse Raydium auf der Solana-Blockchain auf. Der Preis startete bei 15 Cent und stieg rasend schnell. Sonntag-Abend gipfelte er bei 70 Dollar, aktuell steht er bei etwa 55 Dollar.
Um es anders auszudrücken: Noch nie ist ein Coin so rasend schnell explodiert. Die Marktkapitalisierung des Memecoins liegt derzeit, zwei Tage nach dem Start, bei mehr als zehn Milliarden Dollar.
Ein 1A-Shitcoin
Und dabei ist $TRUMP ein Shitcoin wie er im Buche steht. Das zeigt schon die Verteilung der Token: Im Lauf von 36 Monaten werden eine Milliarden Coins ausgeschüttet, von denen bisher 200 Millionen zirkulieren.
80 Prozent davon werden an die Gründer gehen: die mit Trumps Unternehmen verbundenen CIC Digital und Fight Fight Fight LLC. Die restlichen 20 Prozent sind für die Liquidität und die Öffentlichkeit bestimmt. Das Volk bekommt die Brosamen.
Eine andere Funktion als „ein Stück Geschichte“ zu besitzen, haben die Coins nicht. Eine Doku existiert nicht, die FAQ ist dürftig. Unter allen gewöhnlichen Umständen wäre $TRUMP ein astreines Beispiel für die unerlaubte Herausgabe einer Security, wenn nicht für eine eiskalte Abzocke. Aber die Umstände sind eben nicht normal.
Genau genommen sind die Umstände so dermaßen unnormal, dass Trumps Frau Melania das Spiel gleich nachmachen konnte. Gestern Abend, um etwa 10 Uhr, traf $MELANIA auf der Solana-DEX Meteora ein – ein Coin, der im Grunde identisch mit $TRUMP ist, aber, immerhin, etwas fairer verteilt wird. Es dauerte nur wenige Minuten, bis auch $MELANIA einige Dollar kostete. Heute ist er etwa 10 Dollar wert, was eine Marktkapitalisierung von 1,8 Milliarden Dollar ergibt.
Man möchte sich wirklich nicht vorstellen, wie Donald und Melanie gestern zusammen Abendbrot gegessen haben.
Das wesentliche Signal
Donald Trump, der Präsident der USA, ist also nicht der Bitcoiner, den sich manche erhofft hatten. Er ist ein skrupelloser Shitcoiner.
Man kann sich über seine Dreistigkeit empören, einen Markt verfluchten, der ihn dafür so fürstlich entlohnt, und darüber lange wettern. Viel interessanter ist aber, zu fragen, was das denn alles bedeutet und wo es hinführt.
Denn man muss Trump und seinem Team zugestehen, dass sie etwas wesentliches begriffen haben: Krypto ist eine Technologie, die Marken und Memes reibungsfrei in Geld transformiert. Nirgendwo werden Ideen so schnell zu Kohle. Jeder, der eine starke Marke hat oder ist, lässt derzeit Geld liegen, indem er keinen Memecoin herausgibt.
Der Skandal ist nicht, dass Trump mit einem Memecoin Milliarden scheffelt – der echte Skandal ist, dass es keinen $MERZ und keinen $HABECK gibt.
Daneben steckt hinter $TRUMP noch ein zweites, tieferes und auch besorgniserregenderes Signal: Wenn Trump begriffen hat, wie er sich mit Kryptocoins bereichert – dann wird er auch dafür sorgen können, dass sein Land von Krypto profitiert. Trump wird skrupellos die Instrumente nutzen, die der Krypto-Space bietet – Bitcoins, Stablecoins, DeFi, Memecoins und mehr – um die finanzielle Hoheit der USA über die Welt auszubauen.
Die wesentliche Frage ist auch hier weniger, wie man es findet, dass Trump das macht – sondern ob Europa darauf vorbereitet ist. Und geht es nach den Signalen, die unsere Notenbanker in den letzten Tagen gesendet haben, sieht die Antwort sehr sehr düster aus. Das, nicht der Trump-Coin, ist, worüber wir uns Sorgen machen sollten.
EZB-Ökonomen gegen Bitcoin-Reserve
Zunächst haben am 15. Januar die beiden EZB-Ökonomen Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf einen Gastbeitrag in der FAZ veröffentlicht. Der Titel lautet „Was gegen eine strategische Bitcoinreserve spricht“.
Ulrich Bindseil ist nicht irgendwer, sondern Generaldirektor des EZB-Geschäftsbereichs Marktinfrastruktur und Zahlungsverkehr, und Jürgen Schaaf sein Mitarbeiter. Bitcoinern sind die beiden ein Begriff, da sie sich schon in der Vergangenheit zu Bitcoin geäußert haben. Zuletzt im Oktober mit einem Paper, in dem sie sich darüber sorgten, dass auch der Nicht-Besitz von Bitcoin zu Verlusten führt, ohne jedoch den Schluss zu ziehen, dass man daher Bitcoins halten sollte.
Nun legen sie also nach und plädieren in der FAZ gegen eine Bitcoin-Reserve. Im Detail möchte ich an dieser Stelle nicht über den Text reden. Er ist intellektuell wenig herausfordernd. Die Ökonomen diskutieren nicht den Sinn und Nutzen von Reserven für Zentralbanken, sondern leiern lediglich die üblichen Ressentiments ab: kein gesellschaftlicher Mehrwert, für nichts nützlich, außer Geldwäsche und Drogenhandel, aber dafür klimaschädlich und, überhaupt, eine reine Spekulationsblase, die in Zukunft unvermeidbar platzen muss.
Der Artikel offenbart einige mentale Qualitäten, die man sich wirklich nicht an der Spitze der höchsten monetären Institution Europas wünscht. Angefangen vom Starrsinn, das einmal gefasste Ressentiment niemals zu hinterfragen, über ein Ego, das aus vergangenen Fehlprognosen nicht lerrt, sondern sich mit Verweis auf eine imaginierte Zukunft recht gibt, bis hin zur Verdrängung von strategischen Überlegungen („welche Assets nutzen der EZB“) durch moralische Urteile („wir finden Bitcoin schlecht“).
Es ist schwer vorstellbar, wie man sich mit dieser Einstellung an eine sich verändernde Realität anpassen kann.
„Krypto-Assets wie der Bitcoin sind digitale Tulpen.“
Nicht viel besser sieht es leider bei der Bundesbank aus. Derren Präsident Joachim Nagel hat sich in einem Interview kürzlich auch zu Bitcoin geäußert.
Er wünscht sich eine „kritischere Auseinandersetzung“ bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen, die ihren Kunden Bitcoin anbieten wollen. Dies begründet er mit dem alten Vergleich mit der Tulpenmanie in den Niederlanden im 17. Jahrhundert. Den Einsatz von Bitcoin als Währungsreserve weist er mit der Behauptung ab, Bitcoin sei nicht sicher, liquide und transparent.
Nagel steckt dabei in einer Analogie, die schon vor zehn Jahren schief war, aber im Lauf der Zeit schon allein deswegen schlechter wurde, weil die Tulpenmanie nur ein halbes Jahr andauerte, während Bitcoin seit anderthalb Jahrzehnten wächst und wächst und wächst. Ohnehin bezweifelt die historische Forschung mittlerweile, dass es sie jemals in der Art gegeben hat, wie über sie geredet word. Solche Details muss nicht jeder auf dem Schirm haben. Aber man könnte es vom höchsten Banker Deutschlands erwarten.
Auch die Behauptung, Bitcoin sei nicht transparent, spricht nicht dafür, dass Nagel sich mit dem Thema beschäftigt hat. Denn Bitcoin ist, onchain, absolut transparent, was auch die Einlagen auf Börsen umfasst. Noch niemals war ein Geld so transparent, noch niemals wurden digitale Vermögenswerte so sicher gespeichert, und, vermutlich, gab es auch noch niemals ein Asset mit einer so tiefen Liquidität.
Das alles wäre witzig, wenn es nicht so ernst wäre. Das Kompetenzgefälle zwischen den europäischen und US-amerikanischen Institutionen ist erschlagend. Selbst ein Gary Gensler, der für seine kritische Haltung zu Kryptowährungen berüchtigte, nun scheidende Chef der Börsenaufsicht SEC, war schon vor fünf Jahren ein Jahrzehnt weiter als Nagel, Schaaf und Bindseil.
Deutschland und die EU leisten sich an den Spitzen der monetären Institutionen einen Mangel geistiger Flexibilität, mit dem wir nicht den Hauch einer Chance haben, auf die Herausforderungen zu reagieren, die auf uns zukommen.
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