Mikrotrauma: Wenn kleine Kränkungen krank machen
Ein Mikrotrauma kann entstehen, wenn wir dauerhaft kleinen Verletzungen ausgesetzt sind, die wir nur unterschwellig wahrnehmen.
Ein Mikrotrauma kann entstehen, wenn wir dauerhaft kleinen Verletzungen ausgesetzt sind, die wir nur unterschwellig wahrnehmen.
Ein schwerer Unfall, ein Überfall, sexuelle Gewalt in der Familie: Mit einem Trauma verbinden wir ein einschneidendes Erlebnis, das mit Kontrollverlust oder sogar Lebensgefahr einhergeht. Erfahrungen wie diese können seelisch krank machen und eine Posttraumatische Belastungsstörung hervorrufen, die möglichst mit professioneller Unterstützung bearbeitet werden sollte.
Das Mikrotrauma schleicht sich leise ein
Sehr viel leiser kommt das Mikrotrauma daher: Es kann entstehen, wenn wir über längere Zeit einer Atmosphäre ausgesetzt sind, die von wiederkehrenden Verletzungen geprägt ist – sei es als Kind in der Ursprungsfamilie, in der Partnerschaft oder als Zielscheibe eines mobbenden Vorgesetzten. Dabei geht es um scheinbar kleine Demütigungen, die wie kleine Nadelstiche gesetzt werden, und die auf Dauer unsere mentale Gesundheit untergraben und schädigen.
Das Problem: Nicht alle Verletzungen nehmen wir als solche wahr – weil sie ausgesprochen subtil sind, oder weil wir uns schleichend an sie gewöhnt haben. Das Repertoire reicht von abschätzigen Blicken bis zu beschämenden Bemerkungen, wie: "Du warst auch schon mal schlanker", oder "Wie dumm kann man eigentlich sein?".
Wer solchen Herabsetzungen über längere Zeit ausgesetzt ist, kann ein Gefühl der Unsicherheit entwickeln, was wiederum zu chronischem Stress, innerer Unruhe bis hin zu Panikattacken führen kann.
Nicht alle Verletzungen wirken mikrotraumatisch
Gerade in Langzeitbeziehungen, aber auch in Eltern-Kind-Beziehungen, sind gelegentliche Verletzungen fast unvermeidlich, ob sie nun bewusst oder unbewusst zugefügt werden. Doch längst nicht alle Verletzungen wirken mikrotraumatisch.
"Treten sie jedoch wiederholt auf und gehen von einem Menschen aus, von dem sich Betroffene aus den unterschiedlichsten Gründen abhängig fühlen, entstehen oft starke Ohnmachts- und Bedrohungsgefühle", so Diplompsychologin Sonja Bauer im Gespräch mit "Psychologie Heute".
Dann geht es darum, die destruktiven Verhaltensmuster im eigenen Umfeld zu erkennen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen – notfalls mit therapeutischer Hilfe.
Zum Weiterlesen: "Mikrotrauma: Wenn kleine seelische Verletzungen krank machen. Belastungen meistern – innere Stärke wiederentdecken" von Sonja Bauer (Humboldt Verlag, 22 Euro).
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