Meeresbiologie: Klingt gut hier! Geräusche gesunder Riffe helfen Korallen zu wachsen

Wenn Korallenlarven im Ozean eine Heimat suchen, richten sie sich nach dem passenden Sound: Können Lautsprecher sie zu beschädigten Riffen locken, um diese mit neuem Leben zu füllen? 

Jan 21, 2025 - 16:34
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Meeresbiologie: Klingt gut hier! Geräusche gesunder Riffe helfen Korallen zu wachsen

Wenn Korallenlarven im Ozean eine Heimat suchen, richten sie sich nach dem passenden Sound: Können Lautsprecher sie zu beschädigten Riffen locken, um diese mit neuem Leben zu füllen? 

In den tropischen Meeren beginnt das Dasein jeder Korallenlarve mit einer folgenschweren Entscheidung: Innerhalb weniger Tage müssen die winzigen Jungtiere einen zukunftssicheren Ort finden, um sich für den Rest ihres Lebens anzusiedeln und zu Polypen heranzuwachsen. Sonst sterben sie.  

Wie die Larven sich der bei der Wahl ihrer Heimat orientieren, ist für die Wissenschaft immer noch voller Rätsel. Ein Forschungsteam der Woods Hole Oceangraphic Institution (WHOI) konnte in der Karibik nun den Verdacht bestätigen: Neben den passenden Lichtverhältnissen und chemischen Reizen entscheiden maßgeblich die Geräuschkulissen der Unterwasserwelten darüber, ob eine Koralle sich wohl fühlt und bleibt. Wird den Larven der Sound von gesunden, dicht mit Fischschwärmen, Garnelen und Krebsen besetzten Riffen vorgespielt, lässt sich ihr Siedlungserfolg in geschädigten Lebensräumen erheblich steigern – um bis zu 30 Prozent.

Ein guter Ton kann entscheidend sein

Für ihre Experimente setzte das Team um die Biologin Nadège Aoki neu gezogene Larven der Kleinen Sternkoralle (Favia fragum) in zwei sandigen Buchten der Virgin Islands aus. In einer der beiden Buchten hatten die Forschenden Unterwasserlautsprecher aufgestellt, aus denen sie Tonaufnahmen des außergewöhnlich artenreichen Karibikriffs Tektite abspielten. Nach 24 Stunden hatte in diesem Versuchsfeld beinahe ein Drittel der ausgesetzten Korallenlarven einen Verankerungsplatz am Boden gewählt, in der Vergleichsbucht ohne entsprechenden Sound hingegen noch keine. Erst zwölf bis 24 Stunden später glichen sich die Besiedlungsraten allmählich an. Tests in Aquarien konnten die Feldstudien bestätigen.

"Die akustischen Reize helfen den Korallen vor allem in den ersten 36 Stunden", fasst Aran Mooney, Co-Autor der WHOI-Studie zusammen, "danach sind die Larven bei ihrer Suche nach einem Siedlungsplatz offenbar so verzweifelt, dass sie auf eine gesunde Umgebung weniger achten können."

Rette sie, wer kann

Wie die Korallen, die zu den Nesseltieren gehören und ähnlich wie Quallen keine Ohren besitzen, die Töne des Riffs genau wahrnehmen, ist noch unklar. Wahrscheinlich können sie Schwingungen unter Wasser mithilfe von feinen Haaren und ihrem Gleichgewichtsorgan spüren, vermutet das WHOI-Team. 

Weltweit wollen Forschende nun die neuen Erkenntnisse dazu nutzen, den Tropenkorallen im Überlebenskampf mit dem Klimawandel mehr Zeit zu verschaffen. An geschädigten Riffen wollen sie Unterwasserlautsprecher anbringen, und damit die Neubesiedlung beschleunigen. "Dies ist schon die zweite Korallenart, für die diese Methode Erfolg verspricht", erklärt Mooney. "Vielleicht können wir sie weiter ausbauen. Wir dürfen nur nicht darauf vertrauen, dass dies alleine zur Rettung der Tropenriffe genügen würde."

Vor allem müssten die künstlich beschallten Gebiete gut ausgewählt werden, meint Nadège Aoki: "Wir sollten Korallen stets nur an Riffbänke locken, die auch bei weiter steigenden Wassertemperaturen noch gute Zukunftschancen versprechen."

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