Abgesänge und Regeln
Die Sonne vom Wochenende wurde gleich wieder abgeräumt. Grau der Montag, der Alltag. Eisverregnet, mit mattem Schneegeriesel auch, mit normalem Niesel zwischendurch und diesig tiefhängendem Himmel über der Stadt. Trübe war außerdem die Nachrichtenlage, und das ist zu milde ausgedrückt. Wir kondolieren den USA, thoughts and prayers, was soll man noch sagen. Immerhin gab es... Der Beitrag Abgesänge und Regeln erschien zuerst auf Buddenbohm & Söhne.
Die Sonne vom Wochenende wurde gleich wieder abgeräumt. Grau der Montag, der Alltag. Eisverregnet, mit mattem Schneegeriesel auch, mit normalem Niesel zwischendurch und diesig tiefhängendem Himmel über der Stadt. Trübe war außerdem die Nachrichtenlage, und das ist zu milde ausgedrückt. Wir kondolieren den USA, thoughts and prayers, was soll man noch sagen.
Immerhin gab es ein gutes Meeting im Brotberuf, immerhin hatte ich einen gelungenen Behördentermin mit besonders freundlichen Staatsangestellten am Nachmittag. Das sind dann so die Highlights, das sind die Geht-doch-Momente des Tages.
Und Bolo gekocht habe ich auch, denn der Mensch braucht stabilisierende Maßnahmen.
Am Abend schienen die geschätzten Menschen aus den Timelines alles in den USA live zu verfolgen. Sie müssen da deutlich leidensfähiger als ich sein, denn ich möchte und kann das alles nicht sehen. Die Filmschnipsel und Zitate, die dennoch bei mir ankommen, die reichen mir schon vollkommen aus. Nein, die sind mir schon zu viel. Nachrichten lieber nur als Text oder als Audioversion, kommt das Bild dazu, ist es Überlast.
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Pragmatisch bleiben und einige Regeln verinnerlichen, das gilt keineswegs nur in den USA. Wie oben gesagt, wir kondolieren den USA – aber wer macht das normalerweise, es sind die Verwandten und die Freunde. Wir hängen da mit drin.
Ich erinnere daher noch einmal an den mir weiterhin sinnvoll vorkommenden Artikel mit den zwanzig Regeln im Guardian: How to survive the broligarchy, und daneben legen wir noch eben das Vorbild dieser Liste, nämlich die deutlich härter formulierten zwanzig Regeln für das Leben in der Tyrannei von Timothy Snyder.
Vierzig kurze Anweisungen also. Ab und zu mal draufsehen und die Überschneidungen, die Doppelungen oder auch die Bezüge zum eigenen Alltag suchen. Man kann nicht mehr davon ausgehen, keine Bezüge zu finden oder auch nur lange suchen zu müssen – die Zeiten sind vorbei.
Georg Kreisler:
„Es hat keinen Sinn mehr, Lacher zu sammeln,
statt ein paar tatkräftige Macher zu sammeln.
Es hat keinen Sinn mehr, Reime zu schmieden,
die Zeiten sind vorbei.“
So hieß es damals in seinem „Vorletzten Lied“, das man heute auch noch einmal hören kann, es passt.
Vielleicht aber auch eine monatliche Wiedervorlage der Regeln arrangieren, um sie ernsthaft im Sinn zu behalten.
Und hier noch eben eine wissenschaftlichere Sicht der Lage. In der Augsburger Allgemeinen gab es ein Interview mit dem Politik- und Geschichtsdeuter Herfried Münkler, dessen Buch „Welt in Aufruhr“ ich gerade gehört habe.
„Die Zeit ist vorbei, in der wir von der Vorstellung getragen wurden, dass die Weltordnung durch gemeinsame Regeln steuerbar sei, dass wirtschaftliche Verflechtungen ein verlässlicher Faktor der Friedenssicherung zwischen Staaten wären, und dass so etwas wie eine Verrechtlichung der internationalen Politik in Gang gekommen ist.“
Ja, so kann man Clusterfuck auch umschreiben.
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Außerdem gehört, denn man muss zwischendurch auf andere Gedanken kommen oder es zumindest versuchen: Ein WDR-Zeitzeichen über Hedy Lamarr. Das war die mit dem Filmruhm und mit dem Frequenzsprungverfahren. Welches in der Sendung auch für diejenigen verständlich erklärt wird, die damals in Physik gerade nicht aufgepasst haben.
Allerdings war dieses Frequenzsprungverfahren für den Kampf gegen Nazis gedacht … und schon hat es sich wieder mit den anderen Gedanken.
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Ansonsten weiter und ausgesprochen gerne im Rahmen der gestern erwähnten MRBIBGA-Kampagne in den Erzählungen von Alice Munro gelesen. Trotz allem.
Wobei Munro allerdings aus Kanada war, und Kanada, da war auch gerade irgendetwas, glaube ich.
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Im Bild heute Rolltreppen im Hauptbahnhof, sie gehören zu meinem abendlichen Spaziergangsszenario. Mit etwas Himmelssurrogat immerhin, für den kleinen Lichtblick zwischendurch.
Auf dieser Rolltreppe stehen und Musik auf den Kopfhörern haben. Doch noch ein Immerhin-Moment.
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