10.000 Tote – kein Grund zur Aufregung? [Gesundheits-Check]

Etwa 10.000 Suizide jährlich sind in Deutschland in der Todesursachenstatistik dokumentiert. Hinzu kommt eine sehr viel größere Zahl an Suizidversuchen. Jeder Suizid und jeder Suizidversuch betrifft auch das familiäre und soziale Umfeld, Fachleute gehen von mehr als 100.000 indirekt Betroffenen allein bei den Suiziden aus. Jährlich. Ein erheblicher Teil der Suizide und Suizidversuche wäre vermeidbar.…

Feb 4, 2025 - 22:47
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10.000 Tote – kein Grund zur Aufregung? [Gesundheits-Check]

Etwa 10.000 Suizide jährlich sind in Deutschland in der Todesursachenstatistik dokumentiert. Hinzu kommt eine sehr viel größere Zahl an Suizidversuchen. Jeder Suizid und jeder Suizidversuch betrifft auch das familiäre und soziale Umfeld, Fachleute gehen von mehr als 100.000 indirekt Betroffenen allein bei den Suiziden aus. Jährlich.

Ein erheblicher Teil der Suizide und Suizidversuche wäre vermeidbar. Daher hat der Bundestag im Juli 2023 fraktionsübergreifend die Regierung beauftragt, ein Suizidpräventionskonzept und darauf aufbauend einen Gesetzentwurf vorzulegen. Beides hat das Gesundheitsministerium erst mit erheblichem zeitlichen Verzug getan. Der Gesetzentwurf, der eigentlich am 1. Juli vorgelegt werden sollte, kam Ende November.

Zum Referentenentwurf des Gesetzes gab es zahlreiche Stellungnahmen von Verbänden und am 18. Dezember hat das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Gesundheitsminister Lauterbach dazu:

„10.000 Menschen nehmen sich jedes Jahr bei uns das Leben. Das können wir nicht weiter hinnehmen.“

Der Gesetzentwurf enthält durchaus eine Reihe guter Ansätze, aber die Finanzierung ist bestenfalls symbolischer Natur und dementsprechend schmalbrüstig fällt das Maßnahmenbündel aus. Insofern ist Lauterbachs Statement ein typisches Politiker-Lippenbekenntnis. Er nimmt es weiter hin, dass so viele Menschen sterben, sonst hätte er mehr Geld in die Hand nehmen müssen.

Seitens der Politik wird immer wieder beklagt, es würden Daten fehlen, um Prävention und Versorgung besser bedarfsgerechter auszurichten. Die Suizide sind ein weiteres Beispiel dafür, dass wir oft genug ausreichende Daten haben, aber trotzdem nicht den Daten entsprechend handeln.

Inzwischen ist der Gesetzentwurf auch im Gesundheitsausschuss des Bundesrats beraten worden, am 30.1.2025 hat er seine Stellungnahme für das Plenum des Bundesrats. abgegeben. Diese Stellungnahme ist ein weiteres Ärgernis. Auch den Ländern ist die Suizidprävention kein Geld wert. Es heißt dort:

“Im Übrigen wird gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür zu sorgen, dass der Gesetzentwurf für die Länder kostenneutral umgesetzt werden kann.”

In der Migrationspolitik haben die furchtbaren Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg die Republik beben lassen. Dagegen sind offensichtlich bei den Suiziden auch 10.000 Tote im Jahr zu wenig, um die Politik aus dem Ignoranzmodus zu holen.

Am 14. Februar will der Bundesrat über die Stellungnahme seines Gesundheitsausschusses entscheiden. Es wäre zu wünschen, wenn er dieser Vorlage nicht folgen würde und die Länder in der Suizidprävention etwas mutiger wären – auch wenn das weitere Schicksal des Gesetzes durch die Neuwahl des Bundestags am 23. Februar ohnehin offen ist. Es geht auch um das Signal, dass nach dem Bund nicht auch noch die Länder allen Bekundungen, dass man so viele Suizide nicht mehr hinnehmen könne, keine entsprechenden Taten folgen lassen wollen.