Energiewende: Solaranlage auf Pump – halbe Milliarde für Berliner Fintech
Das Geschäft mit der Finanzierung von Solaranlagen und Batteriespeichern wächst, erst kürzlich stieg Enpal in das Segment ein. Nun bekommt der Branchenriese ernstzunehmende Konkurrenz
Das Geschäft mit der Finanzierung von Solaranlagen und Batteriespeichern wächst, erst kürzlich stieg Enpal in das Segment ein. Nun bekommt der Branchenriese ernstzunehmende Konkurrenz
Im Geschäft mit Solaranlagen beobachtet Jakob von Egidy eine Trendwende. Die sogenannten Early Adopter, also Kunden, die eine Anlage hauptsächlich aus nachhaltigen Motiven aufs Dach gesetzt hätten, seien größtenteils „abgefrühstückt“, glaubt der Gründer und Chef des Berliner Finanz-Startups Bees & Bears.
Für Installateure rücke jetzt eine andere Kundengruppe in den Fokus: Menschen, die besonders bei der Stromrechnung sparen wollen – sich die hohen Anschaffungskosten für eine Anlage aber nicht leisten können: „Alternative Bezahlangebote sind daher zunehmend gefragt“, sagt von Egidy.
Gemeinsam mit seinem Mitgründer Marius Schondelmeier will von Egidy diese Lücke im Markt füllen. Ihre Firma agiert als Finanzierungsdienstleister und bietet Eigenheimbesitzern die Option, die Anlage in Raten abzubezahlen. Die Abschläge sind festverzinst und liegen bestenfalls unter den aktuellen monatlichen Stromkosten. „Der Kunde erhält somit nicht bloß eine bezahlbare Solaranlage, sondern spart auf Anhieb bares Geld“, erklärt Schondelmeier.
Für das Angebot kooperiert Bees & Bears mit Installateuren, die ihren Kunden die Bezahloption anbieten. Ein Vorteil gegenüber Banken: Das Berliner Finanz-Startup bewilligt die Anträge mittels einer automatisierten Bonitätsabfrage innerhalb weniger Minuten. Staatliche Förderungen werden ebenfalls vorfinanziert und mit der monatlichen Rate verrechnet. Eine entsprechende Bezahloption bietet Bees & Bears auch für Batteriespeicher und Wärmepumpen an.
Solaranlagen-Fintech erhält Kreditzusagen
Um die Kaufkosten vorzufinanzieren, hat das Fintech nun Kreditzusagen im Umfang von 500 Millionen Euro erhalten. Den Namen des Kreditgebers wollen die Gründer nicht nennen, es handle sich angeblich um einen börsennotierten Bankpartner aus dem deutschsprachigen Raum. Das Fintech plant, die Mittel innerhalb der nächsten drei Jahre an Handwerksbetriebe weiterzureichen.
Laut Mitgründer Jakob von Egidy arbeite Bees & Bears aktuell mit rund 100 Partnern zusammen. Über ein Wandeldarlehen hatte sich das Unternehmen im vorigen Jahr bereits eine siebenstellige Summe von Investoren gesichert. Beteiligt hatten sich unter anderem der italienische Wagniskapitalgeber Unruly und Angel Invest aus Berlin.
Enpal - die rauen Methoden des Solar-Start-ups
Im Markt ist das Finanzierungsmodell schon länger virulent. Mit Enpal stieg im vergangenen Jahr einer der größten Anbieter von Solaranlagen in das Geschäft ein, daneben gibt es mit Cloover und Bullfinch weitere finanzstarke Wettbewerber. Vorbild ist die Firma Goodleap aus den USA. Das Start-up wird von Investoren mit mehr als zehn Milliarden US-Dollar bewertet. In Europa ist die Firma bislang nicht aktiv. Eine Marktlücke, die nun auch Bees & Bears füllen will.
Geschäft mit Risiken
Das Geschäftsmodell birgt aber auch Risiken. Mit dem Fokus auf weniger solvente Käufergruppen steigt die Gefahr, dass Raten früher oder später ausfallen. Mit Kunden wolle man in solchen Fällen individuell verhandeln, betont von Egidy. „Es besteht die Möglichkeit, Zahlungen vorübergehend zu pausieren“. Ein Investor aus der Branche merkte im vergangenen Jahr zudem den angeblich hohen Vertriebsaufwand für die Finanzierungsanbieter an. Schließlich müssten diese ständig neue Kredite vermitteln, um verlässlich wachsen zu können.
Eine Kritik, die von Egidy nicht teilt: „Sobald ein Betrieb einmal auf unserer Plattform ist, bleibt er das in der Regel auch und bringt laufend neue Kunden“, sagt er. Die Vertriebsarbeit liege also vielmehr bei den Betrieben, die durch Angebote wie Bees & Bears mehr Umsatz generieren können. Anders als Anbieter wie Enpal unterhalte das Finanz-Startup zudem kein kostspieliges Anlagengeschäft. „Asset-light“ nennt von Egidy daher das Modell.
Mehr Finanzierungsangebote hält der Gründer für die Energiewende ohnehin für alternativlos. Bis 2050 müssten allein in Deutschland hunderte Milliarden Euro investiert werden, um Klimaneutralität zu erreichen. „Summen, die Haushalte und Unternehmen mit Barmitteln allein nicht tragen können“, so von Egidy. Die Investitionen schließen neben Solaranlagen und Batteriespeichern etwa auch Ladesäulen ein – ein Produkt, das Kunden von Bees & Bears ebenfalls bald in Raten abbezahlen können sollen.
Dieser Text erschien zuerst bei Finance Forward, dem Magazin für die neue Finanzwelt, das in Kooperation zwischen Capital und OMR entsteht